Niederlausitzer Fundgrube

Der Heimatwanderer Nr. 10 / 1929

Streit um Hofedienste in Falkenhain 1764.
(Lübben, Aktenstück 539.)
Mitgeteilt von Lehrer Rosenow, Jetzsch.

In Falkenhain war Gerichtstag. Herr Gustaf Friedrich von Flemming hatte soeben einem Holzdieb die gerechte Strafe zugemessen. Eifrig kratzte noch die Feder über das Papier. Die Schöppen wollten aber in der kleinen Pause ein bischen eindösen. Dazu kamen sie jedoch nicht. Draußen entstand ein heftiges Schelten und Kreischen. Unmutig lauschte der Gerichtsherr hinaus. War das nicht seine Eheliebste, die da so zankte? Auch der Schöppe Bernhard glaubte die wohlbekannte Stimme seiner Frau zu hören. Was war denn blos vorgefallen? Doch bevor sich die hohe Obrigkeit von der Ursache dieses Streites überführen konnte, wurde die Türe aufgestoßen, und die beiden Frauen stürzten noch immer scheltend in die Gerichtsstube. Erst allmählich wurde dem „Gerichtshof“ aus dem Wortschwall klar, was sich begeben hatte. Voll Zorn runzelte Herr von Flemming die Stirn. Das war ja eine gemeine Frechheit von diesem Bauernweib! Auf dem nächsten Gerichtstag mußte diese Widersetzlichkeit streng bestraft werden! Er wollte sich das erst noch genau überlegen. So schloß er eilig die heutige Verhandlung und verließ mit seiner Frau ohne Gruß die Gerichtsstube. Aber das hörte er noch, wie Bernhard drohte, er wolle sich das nicht gefallen lassen, sondern bei der Oberamtsregierung in Lübben klagen. Das tat er auch, und aus seiner Anklage erfahren wir, was sich eigentlich an jenem Tage zugetragen hatte, und weshalb er und noch andere Untertanen schon lange einen nicht geringen Groll auf den Herrn von Flemming hatten.
Er klagte aber also:

Durchlauchtigster Königlicher Prinz,
gnädigster Fürst und Herr!
Es ist uns sonst jederzeit 6 Bund Flachs zu gerben oder auch zu schwingen auf einen halben Tag gegeben worden. Als nun mein, Christian Bernhards, Eheweib, Anna Sophia, am 3ten hujus, desfalls zu Hofe ging und unsere Magd, Johanna Schultzin, mitnahm, um desto eher fertig zu werden, hat ihr die Frau von Flemming statt der gewöhnlichen 6 Bund 8½ Bund zu gerben gegeben. Und als mein Weib nach abgegebten gewöhnlichen 6 Bund fortgegangen, ist ihr die Frau von Flemming vor den Hof nachgelaufen, hat sie ins Genicke und ein paarmal vors Herz geschlagen, daß ihr der Odem fast entgangen und hat verlangt, daß sie die 2½ Bund auch noch abgerben solle.
Mein Weib wollte, weil gleich Gerichtstag war, in die Gerichtsstube gehen und es anzeigen. Die von Flemming stieß sie aber zurück. Doch kam mein Weib endlich in die Gerichtsstube, und da ich den Handel vernahm, trug ich den übrigen Flachs zur Frau von Flemming in die Gesindestube und sagte, ich würde in die Regierung nach Lübben gehen und klagen. Selbige gab mir aber zur Antwort, ich solle zum Teufel gehen. Sie behielt auch unsere Magd noch mit Gewalt bei sich, welche denn mit dem Gerben continuiren (fortfahren) mußte.
Ferner haben wir sonst auf einen ganzen Hofetag 15 Gebund feines oder 10 Gebund grobes werkers Garn spinnen müssen. Jetzo aber gibt man uns kein Werg, sondern schickt uns Flachs zu spinnen ins Haus und fordert, daß wir auf einen Tag 30 Gebund lange, weiße flächsen Garn liefern sollen, welches doch eine wahre Ohnmöglichkeit ist. Der Herr von Flemming gebraucht sich also auch nicht der von dem allergnädigsten Landesherren bereits vor etlichen Jahren im ganzen Land introducirten (eingeführten) Weise, sondern sagt, die ginge uns nichts an.
Endlich wird uns auch der übrige Hofedienst ungemein vergrößert und beschwerlicher gemacht. Wir sind e. g. von Johannis bis Michael um 7 oder aufs zeitigste allenfalls um 6 Uhr, wenn die (s. v.) Schweine ausgetrieben worden, zu Hofe gegangen. Jetzo aber im abgewichenen Jahre ließ unser Gerichtsherr die Schweine gleich nach der Sonne Aufgang, mit dem Hornvieh zugleich, austreiben, und verlangte, daß wir ebenfalls so frühe, mithin ein paar Stunden eher, als sonst gewöhnlich, den Hofedienst antreten sollten. Und da wir sonsten die Mittagstunden zuhause gehalten, so durften wir 14 Tage vor Michael, als der Hirte das Hornvieh Mittags nicht mehr eintrieb, auch die Mittagsstunden nicht zu hause halten, sondern mußten uns Frühstück und Mittagbrot mit aufs Feld nehmen und ward uns das letztere zu genießen, kaum eine halbe Stunde Zeit vergönnet.
Wenn nun durch alle diese Umstände uns das an sich saure Leben fast ohnerträglich gemachet und hierunter wider die hergebrachte Gewohnheit auch Landesordnung gehandelt wird, die Bernhardtin aber auch ohne alle gegründete Ursach von der Frau von Flemming geschlagen worden, als sehen wir uns äußerst gezwungen, zur Vorkommung mehrerer üblen Folgen Eure Kgl. Hoheit demütigst anzutreten, uns bei unsern Gerichtsherrn Gustav Flemmingen daß er es überall bei denen von uns angeführten gewöhnlichen Hofediensten lasse und uns die causirten (verursachten) Unkosten erstatte, oder auf einen gewissen Termin zur gütlichen Verhör und Handlung, die Frau von Flemming aber auch wegen der an Annen Sophien Bernhardtin verübten Tätlichkeit und ausgestoßenen ohnverantwortlichen Reden auf solchen Termin in Person erscheine und darvon, sub poena kofessae und convictae, Red und Antwort gebe auch ferneren Bescheides gewärtig sein, gnädigst anzubefehlen. Wir reserviren uns auch hier die Unkosten, getrösten und huldreichster Erhörung und ersterben dagegen Eurer Königl. Hoheit
ganz untertänigst gehorsamste Kossäten in Falkenhain
Christian Bernhardt, Gerichtsschöppe,
George Richter, George Lehmann, Gottfried Lehmann, Christoph Broll und Gottfried Kasper.
Lübben, den 5. März 1764.

Es wäre aber ungerecht, wollten wir nur die eine Partei anhören. Wir lassen deshalb die Verteidigungsschrift des Herrn von Flemming folgen.

Durchlauchtigster Königlicher Prinz!
Gnädigster Herr!
Eure Königl. Hoheit haben ad instantiam meiner Kossäten, Christian Bernhardts und Konsorten zu Falkenhain, mir höchstgnädigst anbefehlen zu lassen geruhet, daß ich der von denselben angebrachten Beschwerde halber meinen untertänigsten Bericht gehorsamst einreichen solle. Nun muß ich überhaupt untertänigst anführen, wie seit einiger Zeit die Untertanen sich in vielen Stücken der Herrschaft auf eine tumultuarische (aufrührerische) Weise zu widersetzen, den gehörigen Respekt außer acht zu lassen und ihrer Schuldigkeit und derjenigen Obliegenheiten, wozu sie und deren Vorfahren gleichwohl jederzeit verbunden gewesen, sich de facto (tatsächlich) zu entziehen gesucht, wogegen ich bei Gott contestiren (bestreiten) kann, daß ich denen Untertanen keine Neuerung oder Beschwerung aufgebracht, sondern sie allenthalben bei demjenigen gelassen, was sie seit vielen und undenklichen Jahren zu Zeiten meiner Vorfahren zu prästiren (leisten) schuldig gewesen und jederzeit prästirt gehabt, wie ich dieselbige noch überdem zeithero in vielen Stücken zu subleviren (unterstützen) gesuchet und insonderheit in den vorgewesenen Kriegsunruhen und Beschwerungen ihnen mit Gelde und anderen Vorschüssen auch wohl mit meinem größten Schaden, an die Hand gegangen bin und zur Zeit der Not jederzeit treulich beigestanden habe, welches meine Untertanen wohl nimmermehr werden ableugnen können. Ich muß mich dahero umsomehr verwundern, daß meine Untertanen statt des Dankes mit solchen unerfindlichen Querelen nunmehro neuerlich wider mich aufzutreten sich nicht entblöden mögen, worinnen ihnen gleichwohl die bishero wohlhergebrachte Observanz selbst allenthalben entgegentritt. Denn was quoad 1) das Flachsgerben oder -schwingen anbetrifft, so acceptire (annehmen) ich quam utilissime der Untertanen eigenes Zugeständnis, daß sie auf einen halben Tag 6 Bund Flachs zu gerben und zu schwingen jederzeit schuldig gewesen. Nun werden wohl hierunter keine Bündchen für ordentliche richtige Bunde zu verstehen sein. Mitfolglich ist es eine strafbare Bosheit, daß meine Untertanen sich jüngsthin und neuerlich unterfangen wollen, die sonst gewöhnlichen ordentlichen Bund in Ansehung der ehemaligen Qualität und Quantität zu verringern nach ihrem eigenen Gefallen geringere Risten (Bündel) Flachs zu machen und hierdurch ihren schuldigen Hofedienst auf eine unerlaubte Art de facto abzubrechen. Gleichwie nun aber bei der Untertanen neuerlichen eigenmächtigen Weise versuchten strafbaren Verringerung der Bunde nicht auf derselben Anzahl, sondern auf derselben hinlänglichen Qualität und Größe, wie solche sonst üblich gewesen es ankommt. Ansonsten wenn ihnen die Verringerung der Bunde frei stehen sollte, sie endlich die ordentlichen Bunde mit der Zeit bis auf ein geringes Bündchen heruntersetzen und endlich garnichts tun würden. Also werden meine Untertanen mit Grund der Wahrheit nicht beibringen können, daß ihnen hierinnen eine größere Quantität (Menge) Flachses, als sie jederzeit zu gerben oder zu schwingen schuldig gewesen, aufgebürdet worden. Und die geführte Beschwernis des Bernhardtischen Eheweibes auch dahero von einer ganz anderen Beschaffenheit als solche gegenwärtig mit der größten Exaggeration (Uebertreibung) angeführt werden wollen. Denn da dem Bernhardtischen Eheweib des angemerkten Tages keine größere Quantität Flachses zu gerben aufgegeben worden, so war zu allen Zeiten vorhero darmit gehalten worden, so war es ein bloßer Trotz und Widerspenstigkeit, daß sie den ihr aufgegebenen Flachs zur selbigen Zeit wie sonst, nicht ausgerben sondern vor Vollendung ihrer ordentlichen Hofearbeit nebst ihrer mitgebrachten Dienstmagd aus dem Dienste de facto gehen und dasjenige, was sie sonst verrichtet hatte, nicht weiter tun wollte. Hierauf nun suchte zwar meine Ehegenossin, dieselbe in aller Güte dahin anzuhalten, daß sie zuförderst ihre Hofearbeit richtig verrichten sollte. Allein das Bernhardtische Eheweib war so keck und trotzig, daß sie meiner Ehegenossin sich durchaus widersetzte, ihrer Dienstmagd, so noch einen guten Willen hatte, die weitere Arbeit zum äußersten Despecte (Verachtung) gegen eine Gerichtsfrau mit der größten Bravade (Trotz) verbot, die gröblichsten und empfindlichsten Redensarten und hierunter insonderheit! Sie, meine Ehegenossin, hätte ihr und ihrer Dienstmagd nichts zu befehlen, ausstieß und endlich gar mit vieler Heftigkeit meiner Ehegenossin sich entgegenstellte, dergestalt, daß meine Ehegenossin gedrungen wurde, bei dem Anlaufe dieses erbosten Bernhardtischen Eheweibes dieselbe von sich abzuhalten und mit der Hand abzuwehren, welches einem jeden freien Menschen gegen denjenigen, der ihn anläuft, geschweige denn einer Gerichtsherrschaft so von ihrem Dienstboten oder dienenden Untertan trotzig überlaufen wird, frei und erlaubt ist, da zumal bei der bekannten schwächlichen Leibesstonstitution (-beschaffenheit) meiner Ehegenossin von selbst nicht zu glauben ist, daß sie bei der Abhaltung eines robusten, und hierbei erbosten Weibes excediren können. Und rühret dahero alles dasjenige, was dieserhalb und sonst angeführet worden, lediglich aus Rache und Bosheit her, wovon boshafte Untertanen Gelegenheit herzunehmen gedenken, ihre Herrschaften höchsten Ortes zu denigriren. Es dürfte also vielmehr des Bernhardtischen Eheweibes boshaftes Betragen die nachdrücklichste Ahndung verdienen, da derselben als einer Untertanin keineswegs zugestanden, sich gegen ihre Gerichtsfrau, und dieses noch darzu in dem schuldigen Dienste, zu setzen und mit losen Worten gegen selbige herauszufahren, mithin der Selbsthilfe sich zu bedienen. Inmaßen ihr ja allezeit nachgelassen geblieben wäre, wenn sie Unrecht gelitten zu haben vermeinet hätte, gerichtliche Hilfe desfalls zu suchen. Wie nun aber solchergestalt diese erste Beschwerde von selbst cessirt (aufhört) wenn meine Untertanen von der strafbaren Verkleinerung der Bunde Flachses mit Nachdruck abgehalten und zur Fertigung tüchtiger und richtiger Bunde, dagegen nicht weniger das Bernhardtische Eheweib zu Gebrauchung besserer Achtung und Respekts gegen die Herrschaft angewiesen werden. Also ist denen Untertanen quoad 2) in Ansehung des Garngespinstes von mir ebenfalls nichts neuerliches auferlegt worden, sondern wie ich es hierinnen dem vorigen Herkommen gemäß nach gefunden, habe ich es darbei unverändert gelassen. Und dürfen die Untertanen sich auch desfalls über keine Neuerung beschweren ebensowohl es ihnen vielmehr zur Erleichterung als Beschwerung fallen muß, daß ihnen nachgelassen wird, die Garngespinste in ihren Häusern zu verrichten und ihren eigenen Hausgeschäften hierdurch zugleich mit obliegen zu können. Was hiernächst die Untertanen in Ansehung der Weise anbringen wollen, so setzt das dieserhalb allergnädigst ergangene Mandat nach dem beigefügten Reglement sub. O. S. O. nicht nur das ¾ Ellen-Maß, sondern approbirt (genehmigt) auch zugleich die Beibehaltung des allhier üblichen Ellen-Maßes ausdrücklich und habe ich dieserhalb mit meinen Untertanen keine Ueberschlagung vornehmen wollen damit, in Betracht mein Garngespinst nicht verkauft, sondern zum eigenen Hausgebrauch verwürket wird, ich nicht das Ansehen geben mögen, ihnen hierunter eine Neuerung zu machen, welche Ueberschlagung aber annoch ins Werk setzen zu lassen ich allezeit bereit bin, mithin auch dieser vermeintlichen Beschwerde abhelfliche Maße geschiehet. Endlich so beschwerden quoad 3) meine Kossäten in Ansehung der vermeintlichen vergrößerten Hofedienste sich abermals gewiß zur größten Ungebühr. Denn gleichwie ich auch dieserhalb keine Neuerung vorgenommen, sondern, wie ich es gefunden, allenthalben gelassen habe; also erhellet aus den beigefügten Gerichtsakten sub. L. und aus der darinnen befindlichen Zeugen Deposition (Feststellung) fol. 6. des mehreren, daß die Untertanen jederzeit und zwar die Mäher, wenn der Hirte mit den Kühen herausgetrieben und die Weiber, wenn s. v. die Schweine getrieben worden, in die Arbeit zu gehen schuldig sind. Mithin ist das Anführen falsch, als ob die Untertanen, sowohl die Mannspersonen als Weibspersonen indistincte (unbestimmt) zu einer Zeit, und zwar wenn s. v. die Schweine getrieben worden wären, bishero zu Hofe gegangen. Und haben ferner im Kriege die Untertanen vor sich angefangen indistincte, wenn s. v. die Schweine getrieben worden, zur Arbeit zu gehen, so ist es eine Gütigkeit von mir zur Zeit des Krieges gewesen, welches sie aber nach Maßgebung des nach dem erfolgten Friedensschlusse bekannten erlassenen allergnädigsten Generalis, nach welchem alle Gerechtsame salvirt und restituirt worden, in präjudicium meiner neuerlich nicht mißbrauchen können, und sind dahero die Mäher, wenn die Kühe, und die Weiber, wenn s. v. die Schweine getrieben werden, noch ferner in die Arbeit zu gehen verbunden. So ist auch endlich das Anführen als ob s. v. die Schweine sonst ein paar Stunden nach dem Hornvieh getrieben worden, ebenfalls falsch, indem secundum fol. 6b nicht allein der abgehörte Zeuge sondern auch der Schulze im Dorfe freiwillig attestiret, daß s. v. die Schweine zu jeder Zeit gleich hinter und nach den Kühen ausgetrieben worden, eben sowohl sämtliche anwesende Gerichtspersonen bezeugen und bekennen müssen, daß ich sowohl hierinnen als sonst nichts neuerliches aufgebracht, sondern wie vorher es gehalten worden, allenthalben es dabei gelassen habe. Und könnten sie desfalls über mich nicht klagen. Gleichwie nun hieraus allenthalben zur Genüge erhellen wird, daß ich hierunter keine Aenderung verhangen, sondern alles bei dem bisherigen in einer possessione vel quasi, perantiqua und praescripta radicirten Herkommen in eodem statu gelassen habe, wohl aber meine querulirenden Kossäten Neuerungen zur höchsten Ungebühr suchen, im übrigen aber derselben Anbringen ganz unerfindlich ist und lediglich aus Bosheit und Rache unternommen worden, ihre Widersetzlichkeit gegen ihrer Herrschaft an den Tag zu legen und nicht höchsten Ortes auf eine unfreundliche und freche Art zu denigriren, hierbei auch zum Teil, wie zeithero geschehen, den schuldigen Respekt und Gehorsam mir zu verweigern. Ohnerachtet wenn selbige nur arbeiten wollen ihr reichliches Auskommen und Unterhalt sie haben können und darüber nicht klagen dürfen. Also habe ich nicht allein hierdurch meinen untertänigsten Bericht der Wahrheit gemäß nebst Einsendung der Acten sub. L. hiermit gehorsamst erstattet, sondern auch zugleich untertänigst gehorsamst bitten sollen, Ew. Königl. Hoheit wollen mich wider meine widersetzlichen Kossäten, so gestallten Sachen nach bei meinen wohlerlangten Gerechtsamen höchstgerecht schützen, dahero das trotzige Bernhardtische Eheweib sowohl, als die übrigen Kossäten mit ihren unerfindlichen und unstatthaften Querelen cum Indignatione höchstgerechtest abweisen und dieselben dargegen zu sträflicher Beobachtung des ihrer Gerichtsobrigkeit zu leisten schuldigen Respekts und Gehorsams und ihren behörigen Obliegenheit, nicht weniger zu Erstattung aller mir causirten Unkosten mit Nachdruck anweisen zu lassen, höchst huldreichst geruhen, inmaßen denn ich versichere, daß ich meine Untertanen auf keinerlei Weise noch viel weniger zur Ungebühr beschweren werde. Im übrigen wollen Höchstdieselben den bisherigen Verzug sowohl dieses als des in causa George Lehmann erstatteten Berichts in allermildester Betracht- und Beherzigung, daß ich teils verhofft, es würden meine querulirenden Untertanen den Ungrund ihrer unerfindlichen Beschwerden, dem gezeigten Anscheinen nach, annoch in Zeiten erkennen, in sich gehen und von selbst abstehen, teils daß die bisherige Saatzeit mich hieran verhindert gehabt, teils daß in Sonderheit der Untertanen gemachte gravamina die jura des Lehengutes selbst afficiren, das Hauptlehen aber hauptsächlich meinen unter Höchstdero Kriegsvölkern stehenden abwesenden Bruder vorzüglich zustehet und dahero dessen Communication abwarten wollen, mithin ich außer Stand gesetzt gewesen, hierin etwas selbst vorzunehmen, nicht mit Ungnade noch Strafe anzusehen, vielmehr mich hiervon allenthalben, da zumaln der Kossäten Anlagen in vexis beruhet, aus Höchstdero angestammter Landesherrlicher Huld und Gnade liberirt zu lassen höchsthuldreichst geruhen, als wofür in der tiefsten Treue und Gehorsam beharren werde
Ew. Königl. Hoheit untertäniggehorsamster
Gustav Friedrich von Flemming.
Falkenhain, den 19. Mai 1764.

Weife = eine Garnwinde bestimmter Größe, mit der zugleich das Garn gemessen wurde.
e. g. = exempli gratia = zum Beispiel.
s. v. = salva venia = mit Erlaubnis zu sagen