Niederlausitzer Fundgrube

Der Heimatwanderer Nr. 8 / 1935

Stadtordnung von Luckau aus dem Jahre 1696.

Aus einem alten Statut der Stadt Luckau entnehmen wir, wie der Rat strenge darauf hielt, daß sich die Bürger fleißig zu Gottes Wort hielten und Gehorsam in allen Stücken gegen die Obrigkeit bezeugten. Ein jeder hatte fleißig auf die Stadtordnung zu achten, damit der Ort nicht durch Unachtsamkeit oder schlechtes Verhalten Schaden erlitte. Besonders wird hervorgehoben, daß man recht vorsichtig mit Feuer umgehen solle, namentlich bei starkem Winde. Die Brandjahre von 1644 und 1653, die namenloses Unglück über die Bürgerschaft brachten, waren noch in aller Erinnerung. Dem Handwerk werden besondere Vorschriften erteilt, wonach es sich strengstens zu richten hat. Alljährlich wurde diese Stadtordnung der versammelten Bürgerschaft im Rathause zur Vorlesung gebracht. Im folgenden mag sie im Wortlaut folgen:

Statut der Haupt Stadt Luckau im M. T. NL.
welche jährlich ein mahl abzulesen und woonach sich die Einwohner bey E. E. Raths gesetzten und willkührlichen Bestrafung zu achten und zu halten haben.

- 1. -
Sollen alle und jede, welche in dieser Stadt sich aufhalten, ohne Unterschied der Würden und Geschlechts zur devoten Anhörung des allein selig machenden Worts Gottes und dem Gebrauch derer Hochwürdigen Sacramenten sich vor allen Dingen fleißig einzufinden, ihrer von Gott ihnen vorgesetzte Obrigkeit in Ehren halten, dieselbe weder Heimlich noch öffentlich insonderheit aber auf deren Bier Bänken wie man bißhere mit nicht geringer Alberation gar oft erfahren mußen, schmähen, verachten, verkleinern, ungebührliche und unwahrhaftige Dinge von ihr reden, sondern sich vielmehr also bezeigen, wie es ihr theuer geleisteter Bürger Eyd erfordert und gehorsamen Gottes und Obrigkeit fürchtenden Bürgern und Unterthanen wohl ansteht, damit nicht widrigenfalls E. E. Rath hierunter ein scharfes und ernstliches Einsehen zu haben und die Uebertreter zu exemplarischer Bestrafung zu ziehen veranlaßt werde.

- 2. -
Soll Jedermann für Gottes Lästerung und bösen Flüchen bey dem Nahmen Gottes dem Heil. Sacramente, Marter, Wunden und Leyden Christi, bey Straffe des Hals Eisens und nach Befinden anderer von den Richtern darauf gesetzten Poenen (Strafen) sich hüten und durch dergleichen Frevelhaftes Verbrechen niemand Aergerniß geben.

- 3. -
Soll unter den Sonntags und Wochen Predigten keiner Zeche nirgends wo verstattet und kein Wirt sich unterstehen, des Sommers über 10 Uhr und des Winters über 9 Uhr Gäste zu setzen und selbigen Bier, Wein oder Branntwein zu verkaufen, bey Vermeidung (von) 5 Thlr. Straffe, wie denn auch die Holtz, Stroh und Heu Fuhren an den Sonn- u. Feyertagen bey Verlust des Holtzes und noch über dieses 30 Groschen Straffe gänzlich verbothen seyn sollen.

- 4. -
Mit dem Mältzen, Bier Brauen und Schenken, soll es nach diesen dießfalls verfaßten und aufgerichteten Ordnungen gehalten, dadurch aber die Bürgerschaft künftig, wenn beßere Zeiten kommen, die gesetzten 6 Bier zu brauen nicht benommen werden, es soll sich auch Niemand unterstehen Maltz aus der Stadt zu verkaufen bey Verlust deßselben oder Bezahlung des Werthes.

- 5. -
Soll auch niemanden vergönnet, sondern vielmehr bey E. E. Raths willkührlicher Straffe verbothen seyn, an einem Heil. Abend oder wenn großer Wind ist, zu brauen oder Maltz zu trocknen und Feuer anzumachen.

- 7. -
Soll ein Jeder das rechte und gesetzte Maaß der Kauff Handels Leuthe und Crahmer auch recht Gewicht und Elle geben, oder so wohl E. E. Raths willkührlicher Bestrafung als auch noch überdieses, daß das unrechte gemeßene und gewogene als verfallen hinweg genommen werde, gewärtig seyn. -

- 8. -
Sollen auch die Böttcher recht Bier Gefäß nach E. E. Raths ihnen gegebenen Maaße anfertigen und dann ihr Zeichen selbst darauf brennen laßen, würde man aber unrechte Tonnen irgends finden, sollen dieselben weggenommen werden.

- 9. -
Sollen die Becker die Stadt mit Pfennig Brodt und Semmeln, daß kein Mangel daran, stets versorgen, solches täglich auf dem Marckte feil halten, sich in allen nach der Wittenbergischen Ordnung verhalten und das Brodt tüchtig auch nach dem rechten Gewicht ausbacken bey Vermeidung ernstlicher und willkührlicher Bestrafung auch Verlustes des untüchtigen Brodts.

- 10. -
Sollen die Fleischer tüchtig und gut Fleisch für arm und Reiche jederzeit verschaffen, solches nach aufrichtigem und unverfälschtem Gewichte und nicht theurer geben, als wir es geschätzet haben. Wie so denn auch diejenigen Hammel, welche auf der Stadt Weyde fett gemacht bey Verlust des Viehes oder Erstattung des Werthes auswerts wieder zu verkaufen nicht befugt seyn sollen.

- 11. -
Soll niemand Wein oder fremd Bier einführen oder schenken, er habe es denn zuvor bey dem regierenden Bürgermeister angezeigt bey Verlust des Weines und des Bieres.

- 12. -
Soll sich auch keiner, er sey fremd oder einheimisch, unterstehen, die zum Eßen dienenden Waaren und anderer zum menschlichen Gebrauche gehörige Dinge, so wohl bey der Stadt als den Dorfschaften aufzukaufen, hinwegzuführen und dadurch Theurung zu verursachen bey Verlust der Waaren sambt Pferdt und Wagen.

- 13. -
Soll alle Theurung desto eher zu verhüthen außerhalb der gesetzten Stühlen (Verkaufsstunde) oder für (vor) dem Thor und in den Vorstädten Niemand etwas kaufen, es sey Holz, Getreydig oder andere Victualien, nichts davon ausgenommen, bey Verlust der Waaren und des Kauffpreißes.

- 14. -
Wenn einer, es sey Mannes oder Weibes Person mit Tode abgehet, und Kinder nach sich verläßt, so sollen die nächsten Freunde um der Unmündigen Bevormundung bey E. E. Rath sobald gebührende Ansuchung thun, das überbleibende Theil auch wegen des Vater oder Mutter Guths binnen 3 Monath mit den Erben ab intestato Vertrag machen, keines wegen aber vor solchem Vertrag zur andern Ehe schreiten.

- 15. -
So soll auch Niemant sein Hauß und Hoff, liegende Gründe oder unter E. E. Raths Jurisdiction gehörige Güther, Aecker, Wiesen, Gärthen oder Weinberge ohne Consens und Vorwißen deßselben verkaufen, verpfänden oder versetzen, anderer Gestalt wird die alienation und oppignoration vor null, nichtig und unkräftig gehalten, wie denn auch alle Veräußerungen dergleichen Güther an fremde und nicht zur Stadt gehörige Leuthe hiermit gänzlich verbothen und abgeschaffet seyn sollen.

- 16. -
Würde sich auch ein Bürger auf dem Lande und an andern Orten bey Schuldverschreybungen seyner bürgerlichen Freyheit wißentlich und mit Vorsatz begeben und sich zur gefänglichen Haft verpflichten, der soll im fall er der Verschreibung durch sein Verschulden nicht nach kommet und solche Desperata Zwangs Mittel an sich exegieren läßet, dadurch seines Bürger Rechts verlustig sein.

- 17. -
Soll Niemand sein Vieh auf der Stadt Wälle und Hacken treiben oder allein hüten laßen, viel weniger damit andern auf ihren Wiesen, Aeckern, Gärthen Schaden thun bey willkührlicher Straffe und Ersetzung des Schadens.

- 19. -
Soll weder in der Stadt noch Vorstädten ohne Vorwißen E. E. Raths ein Haußgenosse an- und eingenommen, oder widrigenfalls der Wirth, welcher den Haußgenossen nicht angezeiget mit 2 Thlr. bestrafet werden.

- 20. -
Soll jeder Haußgenosse in und außer der Stadt sein Quartel und Schutzgeld zu rechter Zeit erlegen, diejenigen auch, welche noch nicht Bürger sind und sich allhier aufhalten wollen ihr Bürger Recht gewinnen und Häußer, innerhalb von Jahres Frist von Zeit des genommenen Bürger Rechts an zu rechnen, annehmen, widrigenfalls aber die Stadt zu meiden schuldig seyn.

- 21. -
Sollen die Hauß Wirthe auf Licht, Feuer und fremde Leuthe welche die Herbergen fleißig Acht haben, wer sie sind und wo sie herkommen genugsam erkundigen, damit nirgend ein Schade oder Unglück welches Gott verhüte zugezogen werde.

Alles vorstehende soll nun zu jederzeit bey den gesetzten und willkührlichen Strafen fest und unverbrüchlich gehalten und darwieder zu handeln Niemand gestattet, auch keine Entschuldigung mit der Ungewißenheit angenommen werden.
Deßen zur Uhrkund hatt E. E. Rath diese Statuta erneuern und jetzigen Zustand der Zeiten einrichten und solche in Gegenwart der ganzen auf dem Rath Hause versammelten Bürgerschafft zu männiglichen Wißen ablesen, publicieren und auch mit gemeiner Stadt Insiegel bedrucken laßen. So geschehen Luckau den 16 Jannuary Anno 1696.
       Bürgermeistern und Rath allhier.
Not. Vorgeschriebene Statuta sind mit dem Ausschuß dieser Stadt vor der Publication durchgegangen und communicieret und als denselben darwieder nichts zu erinnern gewußt, am abgemeldeten dato zur männiglichen Wißenschaft öffentlich auf dem Rath Hause in Gegenwart der ganzen Bürgerschaft abgelesen worden.
       Johann August Jahn, Stadt Schreiber.

Im Archiv der Stadt ist noch ein älteres Stadt-Statut vom Jahre 1569 vorhanden. Wie schon angedeutet, wurde 1696 dieses Stadtordnung zeitgemäß umgestaltet und in etwas gekürzter und gemilderter Form aufgesetzt. Sie ist gewissermaßen ein Auszug aus dem Statut von 1569.
O. Eichler, Luckau