Niederlausitzer Fundgrube

Der Heimatwanderer Nr. 6 / 1932

Stiftungsurkunde des Schuhmacher-Gewerks in Luckau
de dato den Sonntag Septuagesimae des Jahres 1384.

In Gottes Namen Amen. Nach dermale, daß alle Dinge vergänglich sind und in Vergessenheit kommen, also daß sie nicht gedächtig bleiben. Hier fromme zu einem guten Gedächtniß und zu einer Wissenheit, daß ein Jeder unseres Gewerkes wissen möge und solle, wie er und wir Alle unser Werk halten sollen. Das haben uns unsere lieben getreuen Rathsherren das verbriefet und versiegelt, von denen wir unser Gewerk haben, und uns allezeit dazu stärken und helfen getreulich, daß wir das recht und redlich halten sollen, als wir das von Alters her gehalten haben und von ihm gehabt haben her von Besetzung der Stadt Luckau bis an diese Zeit, von Rathe zu Rathe, und vorbaß das von ihm ewig haben sollen.
Also daß wir Schuhverrichter zu Luckau Freiheit haben, zu Calau und zu Lübben Leder und Schuhe zu kaufen und zu verkaufen. Dieselbe Freiheit haben sie wieder in unserer Stadt Luckau. Auch daß unser Werk zu Luckau Niemand haben soll, noch soll hergelegt werden, er habe denn sein Bürgerrecht zuvor und sei des Gewerkes würdig. Also daß er recht ehelich geboren sei, von ehrlichen guten deutschen Leuten von allen seinen 4 Ahnen her. Daß er nicht wendisch sei noch von keinerhand Bettelvolk und allerlei Wandel sei, das dem Gewerke schädlich möge sei. Auch wer sein Werk gewinnen will und dessen würdig ist und Meister werden will, der von Auswendig herein kommt, der soll uns geben dem Gewerke drei breite Schillinge Gröschchen und drei Pfund wachs und dem Rathe auf dem Rathhause drei breite Gröschchen. Auch was wir Schuhverrichter von Luckau, die Meister sind, Kinder haben, es seien Söhne oder Töchter, die haben alle ihr ganzes Gewerk. Auch welch Meisters Sohn gewillt ist, daß er Meister werden will und wird, der soll geben fünf Schillinge Luckau´er Heller und zehn Pfund Wachs dem Gewerke und nicht mehr. Und welch biederer Knecht nimmt eines Meisters Tochter, der seines Werkes würdig ist, der soll sein Werk haben, ihret wegen. Er soll auch geben fünf Schillinge Heller und zehn Pfund Wachs und nicht mehr. Ist das auch Sache, daß von unseren Meistern einer stirbet und die Frau sich wieder verändert und nimmt Einen von unserem Gewerk, der seines Werkes würdig ist, der soll sein Werk haben, ihret wegen. Auch soll er uns geben so viel als unserer Kinder Einer und nicht mehr.
Auch in unserer gesegneten Morgensprache soll Niemand keinerhand Wehre tragen von Messern vom Gewerke noch keinerhand unrechte Wehre, noch Niemand den Anderen mißhandeln mit Worten noch mit Werken er sei Mann oder Weib. Auch soll Niemand so unmäßig sein am Essen noch am Trinken, daß es ihm nicht übel bekomme. Wer derlei Sachen doch thut, der hat sein Werk verloren. Auch welcher Meister bußhaft wird, also daß er sein Werk verlieret und ihm das Geleit wird, der soll das wieder bekommen mit 9 breiten Groschen und mit 1 Pfund Wachs, also billig, damit es ihm möglich sei, es wieder zu gewinnen. Auch ist unser Recht also, daß wir alle Markttage Zwei haben, die das Schuhwerk besehen, ob das also gemacht und zugerichtet sei, daß die Stadt- und die Landleute damit bewahrt sind, und ein Jedermann damit zufrieden sein möge. Von wem das brüchig wird, der hat verloren von dem Paar Schuh an zehn Pfennig drei Schillinger Heller. Auch wäre das Sache, daß bei die von Calau und von Lübben unser Kumpann Einer fände Schuhe, die ihm wandelbar zu sein deuchten. Diese Schuhe sollen sie von Stund an weder zu Borge geben noch zulassen, und sollen die vor unseren Meister bringen. Erkennen dann unsere Meister, daß die Schuhe wandelbar sind, so soll er die Buße geben hier und abdort. Sind sie aber nicht wandelbar, so sollen sie ihm seine Pfennige wieder geben hier und aldort ohne alle Widerrede. Auch soll keiner von uns die Häute aus dem Sack schütten, noch aus dem Bande lösen, noch grüne Häute aufhängen an den Gassen und die Aasküten auskehren. Wer das thut, der hat seine Buße an 10 Pfennige drei Schillinge Heller. Auch soll Niemand kein Leder kaufen von Pferden, Rindern, Kälbern noch Ziegen, er habe denn sein Werk zu Luckau. Auch soll Niemand am Dienstage Ledermarkt halten vor den Thoren noch auf dem Felde noch in den Gassen, sondern auf einem freien Markte vor dem Schuhhause und dem Schuhhause und den Scherren; die sind frei Leder zu verkaufen allen Leuten. Auch welchem von uns fromme und nimmt einen Jungen von Auswärts in die Lehre und lehren will, der Junge soll von Stund an geben uns dem Gewerke drei Pfund Wachs und zehn breite Schillinge Groschen. Sind die eingeborenen Kinder, die bleiben bei ihrem alten Rechte, das sind 2 Pfund Wachses und nicht mehr. Aber wenn der Junge in seines Meisters Kost tritt, alsofort ist er ihm sein Geld schuldig. Entlaufet auch der Junge seinem Meister wegen irgend einer Sache, gleichwohl ist er dem Meister sein Geld schuldig. Wäre auch das Sache, daß dem Jungen sein Meister abstürbe, und der Junge noch nicht so viel gelernt hätte, daß er sein Brot verdienen möchte, so soll man dem Jungen so viel wiedergeben an seinem Gelde, als biederen Leuten deucht. Bekäme er aber also zu viel, so solle man ihm nicht wieder geben, obwohl die Zeit seiner Lehrtage noch nicht aus wäre. Auch welch Einer dem Anderen schuldig wäre an 10 Pfennige drei Schillinge und sogethane Schuld würde das Schuhwerk angelangen, das fromme, daß unser Keiner nicht Recht suche vor dem Richter sondern vor unseren Meistern. Eben auch das Sache, daß von Unseren Einer dem Andern einen Eid anließe von sogethaner Schuld als hier vorbenannt ist. Den Eid soll er ihm thun vor St. Georgens Kirche zwischen Frühmesse und Hochmesse und was er von ihm bekennet, daß soll er ihm bezahlen in derselben Morgensprache bei der Buße. Auch welch Unserer seinen Knecht lässet arbeiten an dem Sonntage, oder an anderen heiligen Stunden an dem Dienstage, den man ausgetragen hat, und Werkeltage ist, der ist seines Werkes entstanden. Auch soll Unser Keiner dem Anderen sein Gesinde abwendig machen bei dem Werke. Auch soll kein Knecht sich selber Schuhe machen außer Kinderschuhe 10 Spannen lang. Welch unser Einer sogethan Schuhwerk verkaufte in der Stadt oder auf dem Lande, das nur ausgebessert wäre, der hat sein Werk verloren. Auch sollen die Aelder Lüte ihm die Buße geben gleich einem anderen. Auch wäre das Sache, daß zwei Meister sagten von dem Dritten Dinge, die unziemlich wären dem Gewerke, so sollen die Zwei den Dritten hinziehen und leidet seine Buße. Und mit alle dem Bußgelde halten wir unsere Innung und unser Werk. Daß wir unser Recht und unser Werk also halten sollen und vorbaß blieben solang.
Dies zu Urkund und zu einer neuen Bestätigung. So haben uns unsere lieben getreuen Rathsherren diesen Brief von neuem bestätigt und versiegelt mit unserem Gemeinde Stadtsiegel. Den sie uns gegeben haben zu Luckau auf dem Rathhause nach Christi unseres Herrn Geburt tausend Jahr dreihundert Jahr in dem vier und achtzigsten Jahre an dem Sinntage als man singet: „circumdederunt me gemitus mortis.“
(Mitgeteilt von H. Roth, Luckau.)

Anmerkung: Das Original dieser Stiftungs-Urkunde des Schuhmacher-Gewerks (1384) befindet sich im Archiv der Regierung in Frankfurt (Oder). – Circumdederunt me gemitus mortis ist der Anfang einer katholischen Messe, die am Sonntage Septuagesimae gesungen wurde.