Niederlausitzer Fundgrube

Gesammlete Nachrichten von Strohdächern,
nebst Anschlägen.

Abschrift aus "Leipziger Intelligenz-Blatt 1780 No. 7"
(digitalisiert von Google, abgeschrieben von Bernhard Wagner)


Die Strohdächer pflegen, wie die Ziegeldächer, einfach oder doppelt gelastet zu werden. Die letztern sind zwar kostbarer als die erstern, aber dauerhafter.
Ein einfach gelattetes Strohdach, welches 24 Ellen lang ist, und 14 Ellen Sparrhöhe hat, wird 20 Zoll gelattet, und erfordert 31 Schock Schütten Stroh, die Schütte magazinmäßig zu 20 Pfund gerechnet, und 17 Latten, wozu noch eine kommt, die auf dem Aufschiebling zur Traufe befindlich ist.
Eine Schütte Stroh giebt 5. bis 6 Schoben, nach andern 4 Schoben, wenn jede zu 4 Zoll Höhe und 8 Zoll Breite gerechnet wird.
Ein Doppelstrohdach wird 12 Zoll gelattet, und erfordert doppelt so viel Stroh als ein einfaches. Zu einem Dach von der vorhin angenommenen Länge und Höhe, rechnet man 7½ Schock Stroh, das Dach wird von unten aufgedeckt. In dem Ende werden zuerst 2 kleine Schoben übereinander aufgebracht, daß das Stroh 1 Elle 6 Zoll dick liegt. Beym weitern Decken werden die Schoben mit kleinen Stangen von der Stärke eines Rechenstiehls (Bandgerten) befestiget, letztere aber mit Wieden an jeden Sparren gebunden. Im Dach liegt das Stroh 1 Elle dick. Die oberste Reihe Schoben wird mit 2 Bandgerten befestigt, da denn die Bandgerten um 18 Zoll von einander entfernt sind.
Insgemein werden dergleichen Dächer ums Tagelohn gemacht. Gewöhnlich bekommt ein Strohdecker täglich 6 gr. ein Handlanger 3 gr. 6 pf.
Zwey Decker und 2 Handlanger können täglich 2 Schock Stroh aufdecken, wobey sie auch die Schoben des untersten Daches binden.
Sollte die Arbeit verdungen werden; so würde ohngefähr 4 Thlr. 6 gr. zu rechnen seyn.
Wenn ein Dach 20 Zoll stark im Stroh; und wenn die Latten 15 Zoll auseinander sind, 18 Zoll im Stroh.
Gemeiniglich dauert ein obbeschriebenes Dach 20. 24, ein doppeltes auch wohl 30 Jahre.
Die Dauer hängt theils von der mehr oder weniger schiefen Richtung des Daches ab, theils davon, ob das Stroh glatt, besonders aber, ob es das Jahr lang und stark gewachsen und wohl eingedeckt ist. An einem steilen Dach läuft das Regenwasser geschwinder ab.
In der Oberlausitz pflegt man aus 12 Schoben ein Gebund zu machen. Das Gebund wiegt 33 Pfund, also jede Schobe 2¾ Pfund. Zu 1 Schock Gebund gehören 2 Schock Schüttenstroh à 16 Pfund. Jedes Gebund decket 2½ Elle. Für jedes Schock Gebund wird 18 gr. Macherlohn gegeben, mit Inbegriff des Aufdeckens.
Sonst rechnet man auch, wenn das Schock Stroh mit 2 Thlr. 6 gr. bezahlt wird, 1 Schock Schoben 9 gr. incl. des Macherlohns.
Man hat verschiedene Arten von Forsten; Ziegelforsten sind am dauerhaftesten, gegen den Wind, Regen und Tauben. Lehmforsten sind solche, wo besondere Schoben in Lehm getaucht werden.
Reitforsten haben besondere Schoben und sind die gewöhnlichsten. Endlich hat man auch Forsten, wo Rasen übergehangen werden.
Zu einem Dache im Meißnischen, welches 100 Ellen Länge, und 12¾ Sparrenhöhe hat, und 14 zolligt gelattet werden sollte, mithin auf jeder Seite 22 Latten erforderte, wurde unlängst folgender doppelter Anschlag gefertigt:
A. Mit Bandgerten, sind erforderlich:
34 Schock Stroh à 2 Thlr.                   64 Thlr.  -- gr.
8 Schock Bandgerten à 1 Thlr.                8  "     --  "
Deckerlohn und Arbeitslohn,
für das Schälen und Schneiden
der Bandgerten pro Schock 16 gr.            22  "     16  "
                                 Summa      94 Thlr.  16 gr.
B. Mit Schoben sind erforderlich:
80 Schock Stroh à 2 Thlr.                  160 Thlr.  --  "
½ Schock Bandgerten à 2 Thlr.               --  "     12  "
Deckerlohn und die Schoben
zu machen, auch Wieden zu
schneiden, vom Schock 1 Thlr.               80  "     --  "
                                 Summa     240 Thlr.  12 gr.(*)
(*) In der Oberlausitz würde man bey diesem Dache B. gar keine Wieden gebraucht haben.

Im Frühjahre 1779. wurde auf einem bey Leipzig gelegenen Ritterguthe, zu einem neuen Strohdache, welches 46 Ellen lang und 17½ Elle in Sparren hoch ist, und 12 zolligt gelattet werden sollte, 60 Schock Stroh, die Schütte zu 12 Pfund gerechnet, verlangt. Aus einer dergleichen Schütte sollten 3 Schoben gemacht werden, und aus 8 Schoben ein Bund. Nun wird zwar in der eilenburger Gegend gewöhnlich 1 Schock dergleichen Bunde zu machen und aufzudecken, mit 16 gr. ferner für jede Elle Forst nebst den dazu nöthigen Schoben zu machen, 9 pf. ingleichen für die Elle Port 4 pf. bezahlt. Weil aber das Gebäude viel höher, als die sonst gewöhnlich mit Stroh bedeckt werden, und zwar 13½ Elle hoch von der Erde bis zum Dache ist; so wurde für das Schock statt 16 gr. 21 gr. für die Elle Forst 1 gr. und für jede Elle Port 6 pf. zusammen also 20 Thlr. 21 gr. Arbeitslohn, verwilligt.
An eben diesem Orte, wurde ein anderes Dach, welches 34 Ellen lang und 16 Ellen in Sparren hoch ist, mit Lehmschindeln gedeckt, und dazu erfordert 15 Schock 2 Mandel 6 Schütten Stroh, zu 12 Pfund die Schütte gerechnet. Davon wurden 15 1/3 Schock Lehmschindeln gemacht, und fürs Schock 1 Thlr.

folglich zusammen                          15 Thlr.   8 gr.
für den Forst                               1  "     --  "
für Abputzen des Daches                    --  "     12  "
und für 30 Schock Wieden                   --  "     16  "
                                 Summa     17 Thlr. 12 gr.
bezahlt.

Man vergleiche hiemit die Nachricht von der Dachung mit Lehmschindeln, im 33. Stück dieser Blätter vom Jahre 1765. S. 293 desgleichen in den ökonomischen Nachrichten, im 13ten Band, S. 356.

Die Arbeit würde auch mit 3 Deckern à 5 gr. und einem Gehülfen à 4 gr. in 42 Tagen gemacht worden seyn. Der Kostenbetrag dieser Arbeiter dürfte also nicht völlig 32 Thlr. ausgemacht haben. Der Forst wird außerdem 2 Thlr. zu machen kosten. Ein solches Dach wird nach Ablauf eines Jahres 12 Zoll Stärke haben.