Niederlausitzer Fundgrube

Ueber die Quaksalber in der Niederlausiz.

Abschrift aus "Lausizische Monatsschrift 1794" S. 163 ff.
(digitalisiert von Google, abgeschrieben von Bernhard Wagner)


Im Dezember Stük der Lausizischen Monatsschrift stehet ein Aufsaz: über die Einrichtung des Hebammeninstituts in der N. L. und am Ende desselben folgendes:
„ohne weit zu suchen, stößt man auf Prediger, die sich zu kuriren einfallen lassen.“
Darüber erlaube mir der unbekante Einsender nur so viel mit aller Bescheidenheit zu sagen: Bei einer ziemlich weitläuftigen Bekantschaft in der N. L. wüste ich doch nicht, wo ich den Prediger suchen sollte, der aus Gewinnsucht oder Leichtsinn kuriret. Giebt es aber gar mehrere, so ist es wahre Pflicht und Verdienst um das Vaterland sie öffentlich zu nennen, und es ihnen dabei zu beweisen: daß sie ihren Zuhörern so schädlich geworden sind, und ihr Amt so sehr vergessen haben. Hingegen kenne ich viele sehr würdige Männer, die beim Krankenbette ihrer Zuhörer vorzüglich Gelegenheit nehmen, die so sehr irrigen Begriffe des gemeinen Mannes, von der wunderthätigen Hülfe Gottes, und von Arzeneien u.d.g. zu berichtigen. Ferner solche: die bei einigen allgemeinen Kenntnissen in der Arzeneikunde sich verbunden glauben, ihre kranken Beichtkinder vor dem Gebrauch schädlicher Mittel sowohl, als vor dem Genusse ungesunder Speisen und Getränke zu warnen, auch wohl dagegen andere in Vorschlag zu bringen, zumal, wenn entweder der Arzt nicht gleich kommen kann, oder wenn keiner zu haben ist, oder endlich, wenn der Starrsinn des Kranken und seiner Anverwandten unbezwinglich darauf beharret, keinen Arzt annehmen zu wollen. In diesem leztern Falle, oder wenn die Armut des Kranken gar zu groß ist, geben sie auch wohl einige unschädliche und nicht gefährliche Arzeneien unentgeltlich. Sie glauben alles thun zu müssen, was ihnen möglich ist, um ein verwahrlostes Menschenleben zu erhalten, und ihren Zuhörern überall nüzlich zu werden. Solche Prediger verdienen unstreitig Lob, können aber leicht in ihrem Eifer ermüden, wenn sie obigen Aufsaz lesen, und befürchten müssen, für Pfuscher und Quaksalber gehalten zu werden. Das übrige was der Verfasser desselben von der jezt angeführten Stelle bis zum Ende sagt, unterschreibe ich aus Erfahrung von ganzem Herzen, und hege mit ihm gleichen Wunsch: es möge die Aufmerksamkeit der Höhern auf die so verderbliche Pfuscherei in der Arzneikunde gerichtet, und allen Quaksalbern, zum Heil der Menschheit gesteuert werden. Eine Gattung derselben ist vorzüglich für unsre N.L. gefährlich, und wie ich weiß, auch für die O.L. da ich einige Jare auch in derselben mich aufgehalten und diesem Gesindel zugesehen habe. Da diese Gesundheitsverderber und Betrüger in jenem Aufsaze nicht genannt sind, so will ich sie aus dem, ihnen so werthen Dunkel hervor ziehen. Es sind die, sich so nennenden und im Lande mit ihrer Butte herumziehenden Bergleute. Diese zudringlichen Menschen, gehen nicht eher dem Bauer aus dem Hofe, bis er kaufen muß, was sie ihm feilbieten. Unverschämt genug loben sie sich selbst, und ihre Kuren, erlauben alles zu essen und zu trinken, was dem Pazienten einfällt, und schimpfen weidlich auf die Ärzte, die das verwehren. Dadurch finden sie bei dem Bauer Eingang, der von der Diät eben kein Freund ist. Eine Flasche Tropfen oder ein Pakt Pulver, soll ihm gewiß helfen, und so kauft der leichtgläubige Landmann für sich und die Seinigen um einen hohen Preis, was ihn oft auf Lebenslang ungesund macht, oder ihm gar den Tod zuziehet. Diesen Leuten kommen am nächsten, die klugen Männer, und Weiber, wie sie der Bauer nennt: d.i. solche Menschen, die durch blosse Worte oder Anrühren, durch gewisse Formeln, die sie aufschreiben, und dem Kranken verschluken lassen etc. die gefährlichsten Uebel heben können, weil eine höhere Einwirkung bei ihnen statt findet. Auch diese Geschöpfe finden Eingang, weil sie wenig oder nichts einnehmen lassen. Wird es mit dem Kranken nicht besser oder stirbt er gar, ihr Ansehen fällt nicht, denn sie wissen die Einfältigen schon so sehr für sich und ihre Sache einzunehmen, daß sie niemals dabei Gefahr laufen. Ein solcher Betrüger sizt in Papiz einem Preuß. Dorfe in Kottbusser Kreis gehörig. Ganze Schaaren wallfahrten zu seiner durch Unordnung und Lüderlichkeit eingefallenen Hütte. Begehrt ein Kranker selbst, oder an seiner statt ein andrer von diesem Wunderthäter Hülfe; so läuft er in der Stube hin und her, legt sich nieder, bekomt Verzukungen, entstellt gräßlich seine Gebärden u.s.w. dafür nimt er, weil nun die Kur damit einstweilen vollbracht ist 2 gr. In etlichen Tagen müssen die Hülfesuchenden wieder kommen und noch 2 gr. zahlen, auch damit so lange fortfahren, bis entweder die gute Natur des Pazienten sich selbst hilft, oder bis sie der lange anhaltenden Krankheit unterliegt. In Groß Lübbenau trieb sonst auch eine solche Wunderthäterin grossen Unfug mit ihren Kuren, die aber jezt gestorben seyn soll, wo nicht etwa ihre Betrügereien auf eine ihrer Verwandtinnen übergegangen sind. Ich habe die Bemerkung gemacht, daß man oft in seinem Dorfe eine solche kluge Frau hat, ohne daß man es weiß. Ihr Ruf ist weit umher erschollen und in ihrem eignen Dorfe lebt sie unbekant. Möchte doch auch bei dem Landmann Vernunft und Religion über den Aberglauben siegen!