Um den Uebelständen zu begegnen, welche nach den bei dem
Ministerium darüber von mehreren Seiten eingegangenen Berichten
aus einer zu großen Concurrenz unter den Hebammen an einzelnen
Orten entspringen, setzt das Ministerium hiermit Folgendes fest:
1) Es ist zum Hebammen-Unterrichte keine Lehrtochter zuzulassen,
welche nicht mit dem vorschriftsmäßigen, von einer Kommune
ihr ertheilten Wahl-Atteste versehen ist.
Außerdem hat dieselbe zu diesem Behufe beizubringen:
a) ein Zeugniß des betreffenden Kreis-Physikus, daß
dieselbe in körperlicher und geistiger Beziehung hierzu
qualifizirt sei;
b) ein Zeugniß ihres Beichtvaters, daß sie seither einen
unbescholtenen Lebenswandel geführt habe;
c) ihren Taufschein.
Frauen über 30 Jahre sind in der Regel nicht zum
Hebammen-Unterrichte zuzulassen.
2) Die Zulassung zur Prüfung Behufs der Erlangung der
Approbation als Hebamme kann, ohne Ausnahme, nur solchen Frauen
gewährt werden, welche sich darüber auszuweisen im Stande
sind, daß sie in einem Königlich Preußischen
Hebammen-Lehr-Institute einen vollständigen Hebammen-Lehr-Cursus
absolvirt und dabei durch die von ihnen gemachten Fortschritte in
ihrer Ausbildung und durch ihre sittliche Führung die
Zufriedenheit ihrer Lehrer sich erworben haben.
3) Einer jeden Hebamme ist es untersagt, vor Ablauf von 5 Jahren nach
erlangter Approbation, aus der Commune, von welcher sie das Behufs
ihrer Aufnahme in ein Hebammen-Lehr-Institut ihr ertheilte
Wahl-Attest erhalten hat, ohne besondere Genehmigung derselben,
wegzuziehen.
4) Es steht überhaupt keiner Hebamme frei, nach eigener Willkühr
an irgend einem Orte ihren Wohnsitz zu nehmen, sondern es bleibt
lediglich dem Ermessen resp. der städtischen Polizeibehörde
und auf dem Lande des Kreis-Landrathes, so wie in beiden Fällen
zugleich des betreffenden Kreis-Physikus überlassen, ob eine
Hebamme die von ihr nachgesuchte Niederlassung an einem Orte zu
verstatten sei oder nicht. Der Entscheidung hierüber haben die
oben genannten Behörden zum Grunde zu legen: die Erwägung
des hierunter obwaltenden Bedürfnisses des Publikums, und der
Möglichkeit der Subsistenz einer neuen Hebamme am Orte,
desgleichen die Prüfung der von der betreffenden Hebamme
beizubringenden, von der Behörde des Orts, an welchem sie früher
wohnhaft gewesen, und dem betreffenden Kreis-Physikus ihr ertheilten
Zeugnisse über die von ihr bewiesene Geschicklichkeit und
Pflichttreue in der Ausübung ihres Berufes, so wie über
ihre seitherige sittliche Führung. Die Ablegung einer
besonderen Prüfung für den Fall, daß eine Hebamme
sich an einem Orte niederzulassen beabsichtigt, welcher über
20.000 Seelen zählt, ist ferner nicht erforderlich.
Berlin, den 6. Januar 1841.
Der Minister der geistlichen, Unterrichts- und
Medizinal-Angelegenheiten.
(gez.) Eichhorn.
An
die Königliche Regierung
zu Frankfurt a. d. O. No. 6669.
Vorstehende Verordung wird hiermit zur öffentlichen Kenntniß
gebracht und die betreffenden Behörden werden angewiesen, sich
nach den Bestimmungen derselben pünktlich zu achten.
Frankfurt a. d. O., den 20. Januar 1841
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