Niederlausitzer Fundgrube Der Heimatwanderer Nr. 7 / 1932
Innungs-Artikel der Bäckerinnung zu Luckau aus dem Jahre 1638
Von GOTTES gnaden Wir Johann Georg / Herzog zu Sachßen / Jülich / Cleve / und Berg – des heiligen Römischen Reichs Erzmarschalch und Churfürst / Landgraff inn Thüringen / Marggraff zu Magdeburgk / Graff zu der Marck und Ravensbergk / Herr zu Ravenstein / Bekennen öffentlich mi diesem Brieff, und thuen kund iedermänniglich, Daß uns die Handwercks- Innungs- und gesambte Meister der Becker zu Luckau unterthänigst zuerkennen gegeben, wasmaßen verschiener Jahre mit vorwissen und vergünstigung des Raths daselbst, ihrer Vorfahren sich einer gewissen HandwercksOrdnung und Innungs Articul einhelliglich vereiniget und verglichen, welche sie, nach ieziger Zeit gelegentlich, mit gutem bedacht einmüthiglich erneuert, und zu dem ende etwas verbessert hatten, damit bey ieziges kümmerlichen Zeiten und Zerrüttetem Zustande umb soviel desto besserer Ordnung gehalten und ihr Handwerck wieder zum aufnehmen kommen möchte, und darauff alles unterthänigsten fleißes geboten, Wir geruheten ihnen solche verfaßte InnungsArticul aus Landes-Fürstlicher Macht und Obrigkeit gnädigst zu confirmiren und zu bestetigen, welche von Wortt zu Wortt lauten wie folgt:
Erstlichen, Soll ein jeder, so sich in unser, der Becker, Handwerck alhir zu Luckau begeben will, sein Bürgerrecht gewinnen, und sein eigenen Wohnhauß in der RingMauer haben.
Zum Andern, Wann ein Frembder will Meister werden, der sol wie auch anderer Orte gebräuchlich ist, ein Halb Jahr zuvore seine Muthung thun, und dem Handwerck erlegen Sechß argl. Muthgoldt, wie auch Sechs argl. vf der andern Muthung auff der Morgensprache, wann er will Meister werden.
Und weil, vors Dritte, dieses orts niemals an der Anzahl über Zwölff Meister zugleich im Handwercke gewesen: So soll auch hinfurten keiner mehr über diese benante Zahl zum Meister angenommen werden, Es were dann sache, daß einer aus der Anzahl verstürbe, oder sich des Backens und Meisterrechts genzlich verzeihete.
Vierdtens, wann es sich gegebe, daß eines Meisters Sohn mit einem Frembden zugleich das Handwerck begehren und muthen thete: So soll der Meisters Sohn dem Frembden allwege vorgezogen werden, und diesen Vortheil sollen auch die MeistersTöchter, wann sie ufs Handwerck freyhen haben.
Vors Fünffte, Wo ein Meister verstorben were, und seine hinterlassene Witwe würde von den Kindern erster Ehe aus der Meisterey vertrieben, Sie aber hatte ihre Kinder ins Handwerck gebracht, und were zur Meisterin angenommen und dafür erkandt: So bleibet ihr gleichfalls ihr Meisterrecht unbenommen, und so sie ihr eigen Wohnhaus ferner hat, sol ihr zu backen vergönnet werden, Es were dann sach, daß sie sich solches gutwillig begeben wolte.
Am Sechsten, So eines Meisters Sohn das Meisterrecht gewinnen will, soll er Fünff gülden zum Meisterrecht erlegen und neben der Mahlzeit Einen Thaler zum Bier, Einen Thaler zur neuen Confirmation, Einen Thaler zum Kirchfenster, und zwölff groschen zur Mußqueten geben: Ingleichen so ein Frembder eine Meisterin oder Meisters Tochter ehelichen würde, soll er mit nichts mehr als eines Meisters Sohn (wie auch in anderen Zünfften gebräuchlich) beleget werden: So aber ein Meister, oder Meisters Söhne, eines Meisters Witwe oder Tochter freyhete, sollen diselbe alles Meisterrechtens befreihet sein, außerhalb der Mahlzeit und Ein Thaler zum Bier, wie auch Ein Thaler zum Kirchfenster, und Zwölff groschen zur Musqueten, sowohl Ein Thaler für die Banck, Es soll aber keiner zum Meisterrecht aufgenommen werden, Er habe zuvor zwey Jahr nach einander außerhalb der Stadt aufs Handwerk gewandert.
Zum Siebenden, So ein Frembder das Meisterrecht gewinnen will, soll er, wie oberwehnet, ein halb Jahr zuvore dasselbe gebürlich muthen und dem Handwerck seine Muthgroschen erlegen, Folgends soll er sich bey Einem E. Rathe des Bürgerrechts halber abfinden, demselben Einen Thaler für die Banck, und alsobald dem Handwerck Zehen Gülden ufs Meisterrecht einlegen, und wann er die Mahlzeit verrichtet und gegeben hat, noch zehn Gülden zum vollen und ganzen Meisterrecht, und Ein Thaler dem Handwerck wegen der Banck, Zween Thaler zum Bier, nebst seiner Zeche, Vier Thaler zur neuen Confirmation, sowohl zween Thaler zum Kirchfenster, Ein Thaler zur Mußqueten, und Ein Thaler schreibgebühr entrichten und abgeben, Dieselbe sollen dem ganzen Handwerck zum besten in die Lade geleget, darvon schulden bezahlet, und nichts unnüzes davon verschwendet und versoffen werden, gestaldt dann die Handwercksmeister Jährlichen von solchen und dergleichen Einnahmen einem ganzen Handwercke richtige Rechnung zu thun schuldig sein.
Zum Achten, sollen die Placz- und Hausbecker in der Stadt und Vorstädten, außerhalb der beyden Becker, so der Gemeinde in der Calovischen und Sandowischen Vorstadt Hausbacken und vor Alters gewesen, gänzliches abgeschafft sein und bleiben, auch, so sich einer oder ander zu backen unterstehen würde, die Backöfen eingeschlagen werden, Jedoch der Bürger Backöffen hirmit gar nicht gemeinet: Würden aber über zuversicht icztberürte Placzbecker sich unterstehen, Brodt ufm Marckte feil zuhaben, oder im Hause zuverkaufen, soll ihnen dasselbe durch die Becker oder des RathsVerordnete genommen werden, inmaßen dann auch kein Kuchenbecker nochmals (wie bißhereo geschehen) soll geduldet werden, Er sey dann Meister und habe das Handwerck redlich gelernet, und sein Meisterrecht gewonnen: Dagegen sollen die Becker für und für die Stadt mit Brodt und Semmeln versehen, und so uf einen halben Tag Brodt und Semmeln mangelnwird, soll der ienige Meister, an dem der Mangel, und nicht das ganze Handwerck, dreyßig argl. zur Strafe geben, Jedoch soll den Bauern und Bäuerin ufm Lande, wie vor Alters auch gebräuchlich gewesen, ein Fünff oder Sechs Brodte herrein zubringen und zu verkauffen frey und unbenommen sein, und sollen sie die Becker hierinnen durchaus nicht irren noch hindern,
Zum Neundten, soll ein ieder soviel backen, als er ungefehrlichen vertreiben kann, und sollen auch die Becker iedem Bürger, arm oder Reich, wann ers begehret, nicht allein uf die öffentliche Backtage, sondern zu ieder Zeit, wann Sie von ihnen ersuchet werden umb die gebür und alß Haußbacken, daß es genieß- und tauglichen sein möge: Im fall aber, so einer oder der andere den Bürgern das Brodt nicht ausbacken, oder verbrennen, oder sonsten verderben würde, soll einem ieden uf Eines E. Raths, oder derer, so darzu geordnet würden, Erkenntnüs, hiergegen gebürlichen abtrag erfolgen.
Zum Zehendten, sollen Brodt und Semmeln ieder Zeit nach dem Einkauff Korn und Weizens durch die Beordnete aufgezogen und von Einem E. Rathe VierZehen tage, oder zum längsten alle Vier Wochen eine Ordnung und Maaß des Gewichtes, nach steigen und fallen des Getreydichts, darnach sie backen sollen, gegeben und nahmhaftig gemacht werden, Und wann auff einen ieden Pfennigwerth über ein Loth das wenigste und darüber (es sey gleich Brodt oder Semmel) ermangeln würde, soll es genommen, und vor der Schulen oder den Hospitalien ausgetheilett werden, Deßgleichen sollen Sie Semmeln und Brodt wohl ausbacken, und sich allenthalben nach der Wittenbergischen Ordnung richten, und darnach zubacken, verpflichtet seyn.
Was aber anlangen thut den Kornkauff uff die gewöhnliche Wochenmärckte, sobaldt der Kauff von den gemeinen Bürgern geschlossen, sol den Beckern im Sommer von Ostern biß uff Michaelis nicht ehe dann umb Sechs uhr frühe, und im Winter von Michaelis biß Ostern umb Acht uhr zu kauffen verstattet, und sofern Sie geben, was der MarcktKauff mitbringet, Inen Korn und Weizen vor Frembden gelassen werden, damit die Stadt und Bürgerschafft umb soviel desto besser mit Brodt und Semmeln versorget werden können.
Zum Eilfften, Soll in den Bäncken wöchentlich zwey Meister, an dem die Zeche ist, beides Brodt und Semmeln feil haben, bey vörn dem Handtwercke Sechs Silbergroschen zuerlegen.
Zum Zwölfften, soll Einieder Meister umbzichtig alle Sonnabend einen Schoß Semmeln backen, damit auf den Sonntag frische Semmeln befunden werden, dieselbige Semmeln sollen nicht in den Bäncken, besonders in des Meisters Behausung verkaufft werden, und soll kein Meister mehr, als einen Schoß Semmeln backen, oder ehe als umb Ein Uhr nach Mittage anbrennen, bey Strafe eines halben thalers: So auch einer, an dem die Zeche ist, nach dem gebackenen Schoß Semmeln, umb Hausbacken von Bürgern ersuchet und belanget würde, soll er keinem dasselbe abschlagen, besonders demienigen, uf ihr begehren unweigerlich backen.
Zum Dreyzehndten, Was der Vorback anlanget, soll ein ieder Meister an dem der Vorback kommet, nicht mehr, als einen Schoß Brodt und Semmeln, oder auch der Schoß Brodt nicht ferner reichen will, soll derienige, der den Vorback gehabt, es dem andern Meister, an dem der Vorback folget, anzeigen. Derselbige Meister soll backen, es treffe ihn Morgens oder Abends, wann es ihm angezeiget wird: Würde er aber nicht backen wollen, und sich entschuldigen, Er hätte kein Mahl, und hette es doch, oder würde mehr als einen Schoß Brodt oder Semmeln backen, sol Er dem Handtwercke Zwölff argl. zur Strafe zu erlegen schuldig sein.
Zum Vierzehenden, Wann ein Meister Gotteslästerung im Handwercke treibt, oder sich ungebürender Schandwortt und Reden gebrauchet, es geschehe bey Morgensprachen, oder sonsten in des Handwercks Zusammenkunfft, oder vor der Laden, der verbüßet ohn alle gnade einen ortsthaler, und bleibet Einem E. Rathe, vermüge und inhalts der auffgerichten und publicirten Statuten, die darinnen specificirte und einverleibte Straff, von den Verbrechern abzufordern, vorbehalten.
Vors Funfzehende, Welcher nach bestimbter Zeit nicht zum Handtwercke kömbt, der soll zween groschen Straff geben, es were dann, daß er erhebliche Ehrhafft und Entschuldigung hette: Item welcher Hader und Zanck im Handwercke vor der Lade oder sonsten anrichtet, soll nach Erkändtnis des Handwercks gestrafft werden, Was aber Blutrunst betrifft, das soll des Gerichten zu straffen vorbehalten, und doch dem Handtwerck ihre Straff unbenommen seyn.
Zum Sechzehenden, Wo einer im Handtwercke etwas verbrechen, oder dem Innungs und Handwercksgebrauch und gewohnheit zuwieder handeln thut, sich aber, dem Handwerck die Straff zu erlegen, aus genugsamer erheblicher Ursachen verweigert, mag er wol innerhalb gebürlicher Frist appelliren: Wird er aber straffwürdig befunden, soll er wieder zum Handtwerck zur billigkeit remittiret und verwiesen werden.
Endlich, und vors Siebzehende, Wann eines Meisters Sohn sein Zeugknüs vom Handwercke abfordert, soll er dem Handwercke Sechs argl. erlegen, wann aber ein Frembder Lehrjunge seinen Lehrbrieff abfordert, soll er erlegen Sechs groschen, Umbschickgeldt, und Ein Thaler zur gebühr, Sowohl wann ein Lehrjunge oder Meisterin ihre Kundschafft und Bezeug mitbringet, die sollen iedes Drey groschen zum Verzeichnis der Zeugen erlegen, Und wann ein Frembder das Handtwerck zusammen begehret, der soll Sechs groschen Umbschickgeldt entrichten.
Wann wir dann gnädigst angesehen solche ihre, des Beckerhandtwercks zu Luckau, unterthänigste ziemliche Bitte, auch des Raths darüber eingeholten Bericht und Zeugnüs, daß berürte Ordnung und Articul mehrenen theils, und zuförderst die vermehrung der Muthgroschen und Meisterrechte zu ihren besten und wiederaufnehmen, oder einbringung eines Vorraths in ihre HandtwercksLade, angesehen, welches ihnen dem Rathe sowenig, als gemeiner Stadt nachtheilig sein könte, die übrigen Articul auch meistentheils ihrer vorigen confirmation gemeß weren, Und wir ohne das gnädist geneigt, unseren getreuen Unterthanen nuz und wolfarth zubefördern, Alß haben wir solche verfaßte HandtwercksOrdnung und Articul, wie sie von Wortten zu Wortten vorhergesezt und einverleibet sein gnedigst confirmiret und bestetiget, Confirmiren und bestetigen auch dieselben hirmit wissentlich und in krafft die Brieffes, aus Chur: und LandesFürstlicher macht, als Marggraff in NiederLausicz, Meinen, seczen, und wollen, daß hinfüro und in künfftigen Zeiten offterwehnte Zunfft der Becker zu Luckau, bey solcher ihrer HandtwercksOrdnung und Articul geruhig verbleiben, sich derselben zu gebrauchen und zugenießen haben, und darwieder im geringsten nicht beschweret werden sollen, Und gebiethen darauff allen und ieden unsern Unterthanen, wes Würden, Standes, Ampts oder Wesens sie sein, sonderlich aber unsern Landvöigt: und Hauptleuten unsers Marggraffthumbs NiederLausicz, wie auch Bürgermeister und Rathsmannen unserer Stadt Luckau iezigen und künfftigen, daß sie vielgemelter Zunfft der Becker alda bey dieser ihrer HandtwercksInnung und Articulen, und unserer darüber ertheilten Churfürstlichen Confirmation schüzen, schirmen und handhaben, darwieder in keine weise bekümmern, irren oder hindern, noch dasselbige iemandes andern zuthun gestatten, als lieb einem ieden sey, unserer schweren ungnade und straff zu vermeiden. Das meinen wir ernstlich, Jedoch unserer LandesFürstlichen OberBothmeßigkeit, und andern habenden Rechten hirmit unbeschadet. Zu Uhrkund mit unserm Churfürstlichen anhangenden größeren Insiegel bekrefftiget, Und geben zu Dreßden, am Zwanzigsten Monatstag Novembris, Nach Christi unsers lieben Herrn und Seligmachers Geburth im Eintausent, Sechhunder und Acht und dreyßigsten Jahre. Johann Georg Churfürst. Mitgeteilt von Heinrich Roth, Luckau. |