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Niederlausitzer Fundgrube
Der Heimatwanderer Nr. 8 / 1932
Polizei-Verordnung und alte Statuten einer Niederlausitzer Stadt.
Um 1750.
Mitgeteilt von Heinrich Roth, Luckau.
§ 1.
Soll zum Gehör des göttlichen Wortes, und Gebrauch der heil. Sacramente, iedermann sich fleißig halten, auch die Obrigkeit respectiren, und ehren.
§ 2.
Vor Fluchen, Gottes-Lästerung, Mißbrauch des Nahmen GOttes, soll sich iedermann bey Strafe eines Silber Schockes, wenn es zum ersten mahle geschiehet, hüten, zum andern mahl aber soll ein solcher Flucher und Gottes-Lästerer, andern zum Abscheu, aufn Kirchhofe an der Linde, ans Halseisen geschlossen, und den Sonntag über, daran stehend bleiben, zum dritten mahl aber, soll über einen solchen boßhafftigen Gotteslästerer Urtheil und Recht eingeholet, und exequiret werden.
§ 3.
Soll an denen Sonn- und Feyertagen, wie auch Wochen-Predigten, und unter den Metten gar keine, Wein-, Bier- und Brandwein-Zeche gehalten werden, bey Strafe des Wirths 30. gl. des Gastes 15. gl. Auch sollen unter den Predigten allezeit die Thore, zugehalten werden.
§ 4.
Ein ieder soll in seinem Hause gute Aufsicht aufs Feuer haben, die Feuer-Mäuern sollen fleißig gereinigt, und alle 6. Wochen besichtiget werden: Wird iemand über seinen Unfleiß angetroffen, giebt er ein Silber-Schock Strafe, den Töpffern, Färbern, und Mältzern aber wird bey 5. Rthl. Strafe verbothen, daß sie kein Feuer auf den heil. Abend, und wenn großer Wind ist, untermachen sollen.
§ 5.
Kein Bürger oder Bürgergenoß soll einig Reißholtz, Kühnapfel, und dergleichen Feuergeniste einführen, oder eintragen, wie auch Flachß, in den Backöfen nicht dörren, bey Strafe 1. Rthl.
§ 6.
Die Darröfen, Maltzhäuser, neue Backöfen, und Brandewein-Blasen, sollen besichtiget, und die gefährlichen abgeschaffet werden.
§ 7.
Ein ieglicher Bürger, soll eine lange Leiter halten, ein Brau-Urbar aber, nebst der Leiter, auch einen Feuer-Hacken, item Wasserspritzen, oder Wasser-Eymer, die Handwercker aber sollen iedes 4. gute Lederne Wasser-Eymer halten, bey Strafe eines Schwerdt-Schocks.
§ 8.
Die Maltztreugerin soll man nicht alleine lassen, sondern ein oder zwey Personen neben ihr, wie auch eine Beichvaß voll Wassers, samt einer Wasser-Kannen etc.
§ 9.
Das entstandene Feuer, soll der Mann, bey dem es auskommet, beschreyen, auch seinem Gesinde und Kindern solches befehlen, als denn soll niemand ledig zum Feuer lauffen, sondern möglichste Rettung thun, die aber nur zusehen, sollen ungestraft nicht bleiben.
§ 10.
Recht Maaß, Ellen, und Gewicht, soll iedermann halten, die Bier- und Wein-Nössel sollen Leipziger Maaß seyn.
§ 11.
Die Becker sollen die Stadt allezeit mit Pfennig-Brodten, und Semmeln versorgen, täglich feil haben, und sich im Backen nach dem übergebenen Gewicht und Ordn-Zeddel verhalten, bey Verlust der Waare.
§ 12.
Die Fleischer sollen täglich, gut, tüchtig, und gesund Rind- Schweinen- Kalb- und Schöpßen-Fleisch verschaffen, und nicht ihre Jungen, sondern die Meister und Meisterin selber in denen Scharren feil haben lassen, recht Gewicht geben, nachdem es geschätzet, sich richten, oder auch ungewogen Viertelweise verkauffen, bey Strafe eines Silber-Schocks.
§ 13.
Die Bötticher sollen auch Gleichheit an Gefäßen, als an halben Fudern oder Vaßen, Vierteln, Tonnen, halben Tonnen, und Achttheilen, halten, damit keine Beschwerung aufn Lande verursachet werde; So soll auch dasselbe mit der Stadt- und Meisters-Zeichen bemercket werden, bey willkührlicher Strafe.
§ 14.
Es soll niemand Wein einführen, oder schencken, er habe es dann dem regierenden Bürgermeister angezeiget, und von ieden Viertel Landwein 6. gl. von einen Eymer Rhein- oder Spanischem Wein, 12 gl. dem Rathe zapfen Geld gegeben, bey Verlust des Weins etc.
§ 15.
Diejenigen, so sich im Stadt-Keller schlagen, oder sonst Unfug und Frevel anrichten, sollen in allen Ernst, wie im Keller zu ersehen, desgleichen auch die Nacht-Raben etc. gebührlichen, nach Gelegenheit des Verbrechens gestrafet werden.
§ 16.
In öffentlichen Bier- oder Wein-Zechen, soll kein Karten noch Wirffel-Spiel, nach 10. Uhr zugelassen werden, auch keine Zeche im Winter über 10. und des Sommers über 11. Uhr bey Strafe eines Orths Rthlrs. des Wirths und des Gasts.
§ 17.
Kein Bürger, vielweniger ein Fremder soll essende, und andere Waaren aufkauffen, und wegführen, oder damit handeln, bey Strafe eines Schwerdtschockes, und Verlust der Waaren.
§ 18.
Auch kein Mist- und Dingunge, auf die Dörffer verkauffen, bey Strafe 30 gl.
§ 19.
Weder vor dem gesetzten Markt-Fähnlein, noch vor den Thoren, soll iemand Getreyde, Holtz, Garn, und andere Waren einkauffen, auch kein Getreydicht aufm Markte aufn Wucher, bey Strafe eines Schwerdtschockes.
§ 20.
Niemanden soll Handel, oder einige Höckerey verstattet werden, er size denn zu Geschoß und Wache, und sey ihme vom Rathe erlaubet; Auch soll Niemand einiges Gedränge im Kauffen, und dadurch Theurung verursachen oder den Bauers-Leuten auf die Wagen steigen, bey schwerer willkührlicher Strafe. So soll auch ein Höcker, so er etwas kauffet, ein anderer Bürger aber dasselbe zu seines Hauses Nothdurfft auch bedürffte, von dem Kauff abstehen, und es dem Bürger gönnen, und abfolgen lassen.
§ 21.
Kinder sollen nach Absterben ihrer Eltern, auf Anhalten, ihrer nächsten Freunde bevormündet werden.
§ 22.
Niemand soll sich anderweit verehelichen, er habe denn zuvor den Kindern erster Ehe, nach Gelegenheit der Fälle, und Güther, ein gewisses zum Vater- und Mutter-Guthe verordnet, und im Stadtbuche verschreiben lassen, bey Strafe eines Silber-Schocks.
§ 23.
Der Einnehmer Sitztage, wann sie acht Tage zuvor der Bürgerschaft angesaget worden, so soll iedermann seine Ump flüchte, als Schoß, Steuern, Acker-Zinß, Hauß-Manns- und Wächter-Geld etc. nach Ausgang der acht Tage, innerhalb drey Tagen, unsäumlichen zu Rathhause bringen, wer das nicht thut, der soll am vierzehnten Tage, allezeit doppelt geben.
§ 24.
Es soll niemand seine unbewegliche Stadt-Güther, außerhalb der Stadt verkauffen, oder verpfänden, oder aufm Lande mit Borgen in große Schuld, ohne des Raths-Consens sich, bey willkührlicher Strafe, und ob solches heimlich geschähe, so soll solcher Kauff, und Verpfändung für null und nichtig gehalten werden.
§ 25.
Sollte sich aber iemand seiner Bürgerlichen Freyheit, und Gerechtigkeit verzeihen, und sich auf seine eigene Unkosten, zum Gefängniß verpflichten, habeat sibi, und soll hierdurch seines Bürger-Rechts verlustig gemachet werden.
§ 26.
Sooll niemand einig stück Rind-Vieh halten, der nicht bey der Stadt auf zwey Scheffel Acker eigen hat, bey Verlust des Viehes; So soll auch niemand sein Vieh im Stadt-Graben oder im Haage hüten, oder auch im Felde, insonderheit aber, mit den Schweinen, Schäden, zufügen bey Strafe dreyßig gl. und Wiedergeltung des Schadens.
§ 27.
Kein Gemein Mann, oder Bürger, oder fremder Handwercks Gesell, so in Arbeit allhier stehet, soll einigen Degen, oder Dolch, in die Bier- oder Wein-Zechen bringen, sich auch weder mit Worten, noch Wercken an einen andern vergreifen, bey willkührlicher Strafe.
§ 28.
Es soll kein Bürger einigen Hader, es sey bey Tage, oder Nacht, verschweigen, sondern den Gerichten solches anzusagen schuldig seyn, bey Strafe dreyßig gl. Die zänckischen Weiber so sich schlagen oder schänden, sollen ohne einiges Ansehen der Personen und Ausrede, die dazu verordnete Flaschen am Halse tragen, und mit einer Drommel, und einen Kleppel um den Ring herumgeführet werden.
§ 29.
Ein ieglicher Bürger, oder Bürgers-Sohn, der auf Erfordern vor dem Rath, oder Gerichten nicht erscheinet, oder aus dem Gehorsam muthwillig gehet, dersoll sein Bürger-Recht verfallen haben, und als ein Meineydiger hinförder zu keinem ehrlichen Amte gebrauchet, noch in keiner Zunft oder Gülde gelitten werden.
§ 30.
Wer was zu klagen hat, der soll den Tag zuvor, beym Herrn Burgermeister, oder Herrn Stadtrichter angeben, und um Vorbescheid anhalten, damit sein Wieder-Part auch dazu beschieden, und vorgeladen werden möge.
§ 31.
Ohen rechtmäßige Ursache, soll kein Bürger an die hohe Obrigkeit appellieren, es sey ihme denn justitia denegiret, bey Strafe eines SilberSchockes.
§ 32.
Ein ieglicher Bürger, und Bürgers-Sohn, soll schuldig sein, denen Gerichten, aufn Fall der Noth, wenn er ersuchet wird, beyzuspringen, bey Strafe eines Silberschockes, oder künfftigen Bürger-Rechts.
§ 33.
Das leichtsinnige Drehen im Tanzen, Lauffen, Springen aufn Rathhause, zu Hochzeiten, soll bey Strafe eines OrthsRthl. gäntzlich verboten seyn.
§ 34.
Jeder soll bey seinem Handwerck bleiben, und einem anderen keinen Eingriff thun, bey Strafe dreyßig gl.
§ 35.
Kein Hausgenoß, er sey Adel- oder Unadelich, soll ohne Vorwissen des Raths, eingenommen werden, des Hausgenossen Geld, soll der Wirth dem Rathe selbsten einliefern und davor gut seyn; den Hausgenossen soll kein Handel mit Garn, Flachß etc. verstattet werden, bey Verlust der Waaren.
§ 36.
Die Spinten, die Nachttänze, und das Jungfer-Zechen, um Fastnachten, soll ganz und gar verbothen seyn, bey Strafe des Wirths dreyßig gl. den Spinnerinnen etc. ieden funffzehn gl. Strafe.
§ 37.
Bey dem gemeinen Röhr-Kasten, soll niemand Leinewand waschen, oder bleichen, vielweniger Garn- oder Weißgeräthe, auch keine Vaße, oder Viertel füllen.
§ 38.
Zu der Extraordinair-Wache, item zur Hoff-Arbeit, es sey zu den Röhren, oder andern Stadt-Gebäuden, soll ein iedweder Bürger, (ausgenommen die Amts-Personen,) selbsten in Person kommen, und nicht Kinder, und Gesinde, die nichts ausrichten, schicken, bey Strafe sechs gl.
§ 39.
Das Balgen, und Ausfordern wird verbothen, bey Strafe des Ausforderers zwey Silberschock, des Provocati aber, so er kommt drey Silberschock, oder nach Gelegenheit der Sachen, Landes-Verweisung, oder etzlicher Jahr Auswanderung.
§ 40.
Die Krahmer, Saltz-Führer, Schuster, und Tuchmacher sollen in den Wochen-Märckten ehe nicht feil halten, es sey denn der Marckt-Wisch zuvor weggenommen.
§ 41.
Kein Fremder soll Geträydicht, Bretter, Holtz, oder irgend etwas anders kauffen, weil der Wisch noch stehet, bey Verlust der Waare.
§ 42.
Es soll auch kein Bürger, einem Fremden etwas an Getreydicht oder anderen Waaren zu gute einkauffen, oder auffschütten, und darnach abholen lassen, bey Verlust der Waare, und des Bürgers, bey Strafe eines Silberschockes.
§ 43.
Die von denen Aeckern abgelesene Steine, sollen nicht auf die gemeine Hutung abgeworffen, sondern eingesencket, oder in die böse Wege nach der Stadt zu, abgeschüttet werden, bey Strafe 20 gl. und Wiederwegschaffung der Steine. Ingleichen sind auch die neuen Quer-Wege, oder Steige, hin und her, über die Acker, verbothen, bey Strafe des, der darauf betroffen wird, eines Orths-Thalers.
§ 44.
Niemand von Fremden, es sey Mann, oder Weib, sool in einige Zunfft oder Gülde eingenommen, und bey dem Handwerck gefordert werden, er habe denn Zeugniß seiner rechten echten Ehelichen Geburth, dem Rathe vorgeleget, das Bürger-Recht gewonnen, und so er von fremden Herkommen, wiederum von E. E. Rath in die Handwercks-Lade, eine richtige Urkund, seiner ehelichen Geburth eingehändiget.
§ 45.
Bräutigam und Braut sollen um zwey Uhr Nachmittags in der Kirchen seyn; In Verbleibung dessen, soll die Kirche zugeschlossen, und nicht eher aufgemachet werden, es werde denn ein halber Reichsthaler der Kirchen zur Straffe erleget, die Verehrungen sollen bis auf den anderen Tag nach der Mahlzeit differiret, und verschoben werden.
§ 46.
Am andern Tage der Hochzeit, soll keine Suppe, oder Frühstück, ausgenommen was in die Schule gegeben wird, zugerichtet werden; Sondern es sollen die Hochzeit-Gäste, fein nüchtern, Braut und Bräutigam in gebräuchlichen Proceß, Gottes Wort, mit Andacht anzuhören, in die Kirche geleiten helffen, bey Strafe eines Reichsthalers.
§ 47.
Bei den Kindtauffen werden die zweytägige Speisungen und übrigen Tractamenten, bey Strafe eines Silberschockes, verbothen, wie auch über einen halben Thaler nicht einzubinden, bey Strafe eines Silberschocks, es wäre denn außerhalb der Stadt, oder nach Gelegenheit des Standes. Hingegen wird aber geboten, daß bei denen Kindtauffungen, denen Gevattern, und anderen gebethenen Gästen, mehr nicht, denn eine Mahlzeit gegeben werden solle.
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