Niederlausitzer Fundgrube Der Heimatwanderer Nr. 5 / 1927
Aus 1813.
Die Russen sind im Land. Bei dem Freigut Winkel haben sie ein großes Lager aufgeschlagen. Sie requirieren und fouragieren, daß die Bauern der umliegenden Ortschaften nicht aus noch ein wissen. Alles wird ihnen genommen. Am meisten hat Werenzhain zu leiden; das Winkelgut ist schon niedergebrannt. Was soll nur noch werden?
Aber nicht alle Leute verlieren in solchen Notzeiten den Kopf. Zu ihnen gehört der alte Räse. (Damals war er wohl noch nicht alt.) Er war ein außerordentlich guter Fischer. Die Fische holte er nur meist aus Teichen, in denen das Fischen verboten war. Sie schmeckten ihm trotzdem. Und was er allein nicht schaffen konnte, das trug er ins Russenlager und verkaufte es. So bietet er eines Tages auch wieder seine Ware an. Da sieht er einen schönen Kupferkessel. „Halt!“ denkt er; „die Russen haben deinen geholt, da wirst du dir den hier mitnehmen“. Gedacht – getan. Ein Russe will ihn halten; aber er läuft schnell dem Walde zu. Der Russe wirft sich auf ein Pferd und sprengt ihm nach. Bald kommt er ihm näher; aber er kann ihn nicht ganz einholen. Da wirft er eine Kette, die er gerade in der Hand hat, nach ihm. Räse denkt: „die Kette kannst du grade gut gebrauchen“. Er bückt sich nach ihr, hebt sie auf, und ehe der Russe auf dem Pferde ihn erreichen kann, ist er auf und davon, viel schneller als das Pferd. Aus dem Walde tönt sein Lachen .....
Seine fabelhafte Geschwindigkeit kam ihm auch zugute, wenn er den durchziehenden fremden Truppen als Führer mitgegeben wurde. Da soll er so manche Abteilung in den Sumpf, der sich westwärts von W. nach Prißen (in der jetzigen staatlichen Forst) ausdehnte, geführt haben. Plötzlich war der Weg zu Ende. Und Räse war weg. Er schlug sich seitwärts in die Büsche; denn er kannte ja jeden Fußbreit seiner Heimat. Nachgesandte Kugeln haben ihr Ziel nie erreicht.
Gr. |