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Die ältesten Geschlechter im Kirchspiel Kalkstein
(Abschrift aus "Unsere ermländische Heimat" 7. Jahrgang Braunsberg 13. Januar 1927 Nr. 1 S. 3.)
Auf unserer zweitgrößten Glocke aus dem Jahre 1604 sind folgende Namen eingeritzt: Christofel Hintz, Grir Hinintzman, Girgir Tam, Faltin Fiser, Orben Ebert. Das sind wahrscheinlich die Namen des Pfarrers und der vier Kirchenväter aus jener Zeit, denn die Glocke ist das älteste geschichtliche Denkmal unserer Kirche. Der Name des Pfarrers um 1604 ist nicht bekannt, aber der Name Hintz kommt in den Kirchenbüchern, die mit dem Jahre 1675 beginnen, nicht mehr vor, wohl aber die Namen Hintzmann, Tham, Fischer, Ebert. Doch diese Geschlechter sind in der männlichen Linie verschwunden, und nicht von diesen soll hier geschrieben werden, sondern von den noch lebenden Geschlechtern, die ihre Abstammung in gerader Linie bis über 100 Jahre nachweisen können.
Nennen wir zuerst die Familie Menzel, die um das Jahr 1675 schon weit verbreitet war. Es gab in Kalkstein zwei Landwirte Menzel und einen Schneider Menzel. Ihr ältester Vertreter ist Laurentius Menzel geb. 1638, gest. 1710. Er war 33 Jahre Kirchenvater und wird vom Pfarrer der treueste Kirchenvater genannt. Ihm folgte sein Sohn Peter geb. 1683, gest. 1741, ebenfalls Kirchenvater, nach ihm Peter geb. 1725, gest. 1780, dann Peter geb. 1752, gest. 1813. Seine Gattin Anna geb. Fahl starb an der Pest 1807. Dieser Peter Menzel wird als libertinus (Kölmer) bezeichnet. Sein Sohn Andreas Menzel ist der Gründer des jetzigen Hofes. Er ist geboren 1801 und starb 1883. Sein Sohn ist August Carl Menzel, Amtsvorsteher geb. 1838, gest. 1905. Sein Sohn ist der jetzige Besitzer des Grundstücks Eduard Andreas Menzel geb. am 30.11.1878. Seine Gattin ist Helene geb. Züger.
Weit verbreitet ist die Familie Keichel in Kalkstein. Zwar ist die jetzige Familie Keichel nicht mehr im Besitze des Schulzengrundstücks, aber sie hat zum Stammvater den Erbschulzen Michael Keichel geb. 1631, gest. 1709, der 55 Jahre Kirchenvater war und als der verdienteste Kirchenvater bezeichnet wird. Gegen Ende des 17. Jahrhunderts gab es zwei Besitzer Keichel in Kalkstein, einen in Voigtsdorf und einen in Albrechtsdorf. Der Stammbaum der jetzigen noch lebenden Familie Keichel in Kalkstein ist: Michael Keichel: Simon Anton geb. 1695, Matthaeus geb. 1748, Josef geb. 1784, Ferdinand geb. 1822 und der jetzige Besitzer Karl Keichel geb. 1864. Interessant ist die Geschichte des Schulzengrundstücks. Michael Keichel hinterließ das Grundstück seinem Sohn Johann. Auf ihn folgte dessen Sohn Peter. Nach dem Tode des Peter 1759 heiratete dessen Witwe Magdalena Johann Kuhnigk aus Kleinenfeld, nach dessen Tode i. J. 1791 noch Joseph Fahl aus Kalkstein. Nach dem Tode seiner Frau heiratete Josef Fahl Agnes Knorr. Nach dem Tode des Josef Fahl heiratete die Witwe Johann Friedrich aus Stigehnen, 1804, nach dessen Tode 1808 Josef Gillmeister aus Neuendorf. Ihm folgte sein Sohn Thaddaeus, darauf Adalbert, der das Grundstück 1918 an Oskar Prothmann aus Gedauten verkaufte.
Alt und weit verzweigt ist ferner das Geschlecht der Kluth in Voigtsdorf. Ihr ältestes bekanntes Mitglied ist Bartholomäus, dessen Sohn Laurentius 1709 Elisabeth, die Tochter des Schulzen Michael Keichel aus Kalkstein heiratete. Sein Sohn war Michael Kluth geb. 1709, dessen Sohn Adalbert geb. 1754. Seine Frau hieß Elisabeth Kreczmann. Ihm folgte Nicolaus Kluth geb. 1781. Seine Gattin hieß Magdalena Dargel. Sein Sohn war Josef Kluth geb. 1815, dessen Frau Euphrosyna Armborst, deren Sohn Franz Kluth geb. 1857, der jetzige Besitzer des Grundstücks. Seine Gattin heißt Anna Danowski.
Es seien nun noch einige Familien genannt, die nachweisbar später eingewandert sind. Zunächst die Familie Armborst. Der Stammvater Michael Armborst aus Benern heiratete 1716 Dorothea Ebert aus Kalkstein, später eine Frau Agnes. Er hatte 10 Kinder, und daher ist der Stammbaum der Familie Armborst, den ich aufgestellt habe, sehr breit. Alle mit Namen Armborst aus Kalkstein und der näheren und weiteren Umgebung finden in diesem Michael ihren Urahn. In Kalkstein allein sind zur Zeit noch drei Besitzer Armborst. Im Besitz des ursprünglichen Grundstücks ist Franz Armborst. Die Geschichte der Familie Armborst ist ein Kennzeichen, wie sich auch heute wieder in der geldarmen Zeit die Verhältnisse zu entwickeln drohen. Kauf eines Grundstücks kam früher fast garnicht in Frage. Wer das Grundstück erbte, suchte sich zu halten. Die anderen Söhne suchten irgendwo in ein Grundstück einzuheiraten; daher waren auch ältere Witwen mit einem Grundstück immer sehr begehrt. In der Familie Armborst wie auch in vielen anderen sind sogleich bei der ersten Generation alle Stände vertreten. Einer heiratete eine Witwe und nach einem Jahr noch die Tochter und wurde Besitzer, ein anderer heiratete in ein Gärtnergrundstück und wurde Gärtner, einem paßte es nicht einzuheiraten, er heiratete eine Arbeitertochter und wurde Arbeiter. Einer bekam das väterliche Grundstück.
Alt ist auch das Geschlecht der Bludau und Wichmann, die eine gemeinsame Stammutter haben. Im Jahre 1724 heiratete Georg Bludau aus Open die Witwe Ursula Gehrmann in Kalkstein, die, erst 14 Jahre alt, in den Ehestand getreten war. Dieser Georg Bludau ist der Stammvater der Bludau in Kalkstein. Nach seinem Tode heiratete die Witwe noch den Eustachius Wichmann aus Comainen. Dieser ist wieder der Stammvater der Wichmann, die in drei Besitzerfamilien in Kalkstein und einer in Voigtsdorf vertreten sind.
Fast ebenso alt ist das Geschlecht der Bader. Im Jahre 1731 heiratete Peter Bader aus Millenberg die Anna Barbara Herder aus Albrechtsdorf und wurde der Stammvater der Familie Bader, die heute noch in Albrechtsdorf und Voigtsdorf wohnt. Durch Einheirat kam auch das alte Geschlecht der Merten nach Voigtsdorf. Im Jahre 1738 heiratete Peter Merten aus Open die Elisabeth, Tochter des Besitzers Johann Keichel in Voigtsdorf, und wurde Besitzer und Stammvater der noch jetzt in Voigtsdorf lebenden Familie Merten.
Ebenso heiratete Franz Buchholz aus Knopen im Jahre 1798 die Witwe Barbara Aßmann geborene Freund in Albrechtsdorf und wurde der Stammvater der noch jetzt in Albrechtsdorf lebenden Familie Buchholz. Zuletzt erwähnen wir noch die Familie Packeiser. Im Jahre 1808 heiratete Josef Packeiser aus Arnsdorf Dorothea Fahl, Tochter des Besitzers Peter Fahl in Voigtsdorf und wurde Ahnherr der jetzigen Besitzerfamilie Packeiser in Voigtsdorf.
Der Versuch, auch bei Instleuten eine länger als 100-jährige Seßhaftigkeit in direkter Reihe nachzuweisen, scheiterte. Wohl kommen immer wieder dieselben Namen vor, aber die Familien verziehen und kehren wieder, es fehlt eben an dem Bindemittel, das sie festhält, und das ist die Scholle. Besonders auf einem Besitztum, das soviele Jahre in den Händen derselben Familie gewesen ist, das mit dem Schweiße sovieler Väter und den Tränen sovieler Mütter durchfeuchtet ist, ruht Segen und ein gewisser Adel. Daher werden sich auch die Besitzer solcher Grundstücke nur schwer entschließen können, ihr Besitztum in fremde Hände zu geben. Daher auch diese Zeilen. Ich bemerke noch, daß es für jeden Besitzer sehr interessant wäre, die Geschichte seines Grundstücks zu erfahren, aber nicht überall hat sich wie in Kalkstein ein Pfarrer gefunden, der wie Pfarrer Koch die häufig unleserlichen Kirchenbücher abschrieb und ein Verzeichnis der Taufnamen anlegte, was die Arbeit wesentlich erleichtert.
Pfarrer Schulz.
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