Niederlausitzer Fundgrube
II. Unglüksfälle, unter dem Amte Dobrilugk.Abschrift aus "Lausizische Monatsschrift 1798" S. 630 ff.
(digitalisiert von Google, abgeschrieben von Bernhard Wagner) I.) Erhenkt. - Den 15. Januar 1798 ward von dem Hüfner Gottfried Bohnik, zu Lindena einem Dobrilugker unmittelbaren Amtsdorfe, in dessen Scheune, an einem Balken in der linken Panze, Johann George Birnbaum, ledigen Standes, 46 Jar alt, von dar, hangend angetroffen, und sogleich abgeschnitten in die Stube geschaft, die Schleife vom Halse gelöset, daselbst mit Essig gewaschen, mit Betten warm zugedekt, und denen Ortsgerichten und von diesen dem Amte Dobrilugk, die nöthige Meldung unverzüglich gemacht. Die durchs Amt von dem dasigen Fisikus und Chirurgus veranstalteten mandatmässigen Versuche konnten aber ihn in das Leben nicht wieder zurükbringen. Die Veranlassung zu diesem Selbstmorde, mochte blos in seinem Blute und daher entstandenen schwermüthigen Stimmung seiner Seele gelegen haben, da ihm von Jedermann das laute Zeugnis gegeben wird, daß er zwar arm, mehr einfältig als klug, und stets stille vor sich hin, Leutescheu und furchtsam, jedoch gutherzig, willig und gehorsam, auch treu, fleissig, fromm und an seinem Lebenswandel etwas nicht auszusezen gewesen. Lobenswerth war es, daß Bohnigk, von Vorurtheilen frei, so fort bei der Entdekung, den Erhenkten abgeschnitten und die ihm möglichen Mittel zu dessen Rettung angewendet hat.
Den 3ten August 1798 ist in dem Hennersdorfer Gemeindeholze, ohngefähr 3-400 Schritt vom Dorfe und etwa 50 Schritt von dem ordentlichen nach Hennersdorf führenden Wege an einem herabhangenden starken Aste einer hohen Fichte, ein reisender dienstloser Herrenbedienter, an einer, aus 8 Faden zusammen gedrehten Schnur, zwar mit dem Körper auf dem Bauche liegend, doch mit dem Kopfe hangend, von einer Dienstmagd aufgefunden, und von dem Mousquetier, Johann George Reißigk, aus Lugau, vom Löbl. Prinz Antonschen Infanterieregimente und des Hrn. Hauptmanns von Klizings zu Kirchhain in Garnison stehenden Kompagnie, der, wie er es erfahren, von Menschenliebe beseelt, sogleich dahin geeilet ist, abgeschnitten und die an dem Halse gehabte Schleife gelöset worden. Der Selbstentleibte hat nach seinem bei sich gehabten Passe und eingezogener obrigkeitlichen Erkundigung, Matthäus Domatsch geheissen, ist aus dem Dorfe Reuden gebürtig, eines dasigen verstorbenen Kossäten Sohn, und zulezt bis zum 29. Juli desselben Jares 1 Jar 7 Monat bei der Frau Majorin von Schönberg in Lübbenau, in Diensten gewesen, und hat, da er seinen Abschied, um sein Glük weiter zu suchen, begehret, solchen von derselben und das Zeugnis eines treuen, fleissigen und unverdroßenen Dieners erhalten. Allem Vermuthen nach hat der Unglükliche aus Schwermuth sich entleibt, da übrigens an demselben bei der angestellten gerichtlichen Untersuchung, keine äuserliche Verlezungen an seinem Körper wahrgenommen worden sind. Weil die Fäulniß an dem entseelten Körper bereits eingetreten war, sind auch Rettungsmittel anzuwenden nicht mehr von Nuzen gewesen.
2.) Durch Erhizung und jählinge Erkältung schnell erfolgter Todesfall. - Johann Christian Leonhardt, Hausmann und Schweineschneider aus Ossagk, unter der Herrschaft Sonnenwalde gehörig, 70 Jar alt, geht mit seiner Frau den 14ten August 1798, ohngefähr Abends um 7 Uhr von Finsterwalde fort nach Ossagk zu. Wie der arme alte Greis von der heissen Witterung auf diesem Rükwege sehr warm und erhizt an den Pomsdorfer - zwischen dem Dorfe gleichen Namens und der Stadt Finsterwalde gelegenen Teich, wo ihn sein Weg vorbei trägt, kommt, will derselbe, um sich etwas abzukühlen, die Füsse waschen, und wadet in dieser Absicht in den Teich herein. Durch Zurüktretung des Schweisses wird derselbe bald darauf taumelnd, fällt zu dreienmalen nieder, raft sich zwar zweimal wieder auf die Beine, das dritte mal aber kann er nicht wieder aufkommen. Auf das Geschrei seiner Frau eilt der Finsterwaldaische Amtsvizeaktuarius Hr. Miertzsch, welcher mit dem dasigen Apotheker Hr. Lippardten, um sich zu baden, an diesen Teich gekommen, herzu und springt, von dem Werthe eines Menschenlebens überzeuget, solches zu retten gefühlichst durchdrungen, mit jugendlicher Schnelligkeit in den Teich herein und zieht den alten Greis, der keine Kennzeichen des Lebens mehr von sich giebt, aus dem Wasser auf das Land. Indessen Hr. Lippardt sogleich an dem Verunglükten durch Frottiren und sonst verschiedene Versuche, um ihn ins Leben zurük zu bringen, macht, geht Hr. Amtsvizeaktuar Miertzsch mit schnellen Schritten nach Finsterwalde, um dasigen Amtschirugus Hr. Löschken ebenfalls dahin zu senden. Dieser eilt auch herzu und wiederholt die von Hr. Lippardten schon angewandten Rettungsmittel. Da aber, wie nachher bei der von Seiten des Amts Dobrilugk den gleich darauf folgenden Morgen auferhaltenen Nachricht, mit Zuziehung des Herrn Amtschirugus Sartorius angestellten Untersuchung an dem todten Körper deutlich wahrzunehmen gewesen, daß den Greiße durch die jähe Erkältung veranlaßt - ein Schlagflus getroffen, so sind alle Bemühungen fruchtlos angewendet worden. Zu wünschen wäre freilich, daß der Chirurgus gleich bei der Hand gewesen wäre, welcher vielleicht durch schleungie Öfnung einer Ader - dem wakern Herrn Vizeaktuarius Miertzsch die freudige Rükerinnerung an diese edle That, der Rettung eines Menschenlebens geworden zu sein, verschaft haben würde.
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