Niederlausitzer Fundgrube

Neueste Nachrichten - Just und Uhlich

Just und Uhlich waren um 1883 zwei bekannte Ganoven, über die in der Zeitung „Neueste Nachrichten für die Städte Kirchhain, Dobrilugk, Sonnewalde, Finsterwalde und deren Amtsgerichtsbezirke“ öfter berichtet wurde. Hier habe ich alle mit Just und Uhlich in Verbindung stehenden Zeitungsausschnitte zusammengetragen.



16.10.1883

Unsere Gegend wird jetzt tagtäglich von zahlreichen Gendarmen durchstreift, die mit bewundernswürdiger Ausdauer den gemeingefährlichen Verbrechern Just und Uhlich nachspüren. So lange aber die Herren in ihrer Amtskleidung spioniren, möchten wir keinen rechten Erfolg ihrer unermüdlichen Thätigkeit versprechen. Denn gerade durch Waffenrock und Helm sind sie weithin sichtbar und den Strolchen bleibt vollständig Zeit, in die dichten und weiten Wälder zu flüchten. Uebrigens ist eine Festnahme derselben, falls dieselbe nicht durch List stattfinden kann, wieder höchst lebensgefährlich, da die verkommenen Subjekte bereits wieder durch Diebstahl und Raub in den Besitz von Schießwaffen gelangt sind. Leider soll es hierselbst zahlreiche Helfershelfer geben, welche die Frevelthaten der Verbrecher kräftig unterstützen. Die hiesige Gerichtsbehörde erläßt daher folgende Bekanntmachung durch öffentliche Plakate: „Es sind hier vielfach Gerüchte über den Aufenthalt der berüchtigten Verbrecher Just und Uhlich in Umlauf gesetzt, ohne daß bestimmte Anzeigen bei der Polizei oder dem Gerichte gemacht sind. Es ist ferner gegründeter Verdacht vorhanden, daß die Verbrecher aus der hiesigen Bevölkerung unterstützt werden. Wir machen darauf aufmerksam, daß eine Begünstigung der schweren Strafe des § 257 des Strafgesetzbuchs unterliegt und fordern nochmal Jeden, der irgend etwas über den Aufenthalt der Verbrecher oder ihrer Helfershelfer bekunden kann, auf, seine Wissenschaft der Polizei oder den Gerichten anzuzeigen.“ Möchte doch jeder Einwohner in Stadt und Land mit Eifer den schwarzen Gesellen der Strolche nachforschen, damit die Gegend endlich einmal von den unsauberen Patronen gereinigt würde und Ruhe und Sicherheit wieder an Stelle der jetzigen grenzenlosen Aufregung treten können.


20.10.1883

Sonnewalde, 19. October. Zu welchen sonderbaren Verwechselungen die Angst vor den beiden Verbrechern Just und Uhlich führen kann und in wie weit harmlose Leute belästigt und gefährdet werden können, zeigt wieder recht deutlich nachstehender Fall: Gestern Nachmittag kam in die Schänke zu Brenitz ein Mann und forderte Schnaps. Ein in der Schänke anwesender Kutscher eines Krinitzer Töpferfuhrwerks ließ alsbald die Aeußerung fallen: „Das ist ja Uhlich!“ Kaum daß der Eingetretene dies vernommen, wandte er sich schnell um und verließ mit einem Sprunge das Lokal, von wo aus er in der Richtung nach Sonnewalde eiligst das Weite suchte. Der gleich darauf eintretende gräflich zu Solms´sche Oberförster B. aus Sonnewalde hörte mit Erstaunen das soeben Vorgefallene, frug hierauf den Kutscher eindringlich, ob er Uhlich genau erkannt habe, und als dieser es fest versicherte, wandte er sich an den ebenfalls anwesenden Förster B. von Stockhaus, welcher eine Jagdflinte bei sich trug, und ersuchte diesen, ihm zur Suche nach Uhlich zu folgen, worauf Beide, die Spur des Entwichenen verfolgend, schleunigst nach Sonnewalde zu eilten. Die Spur führte bis ins Gräflich zu Solms´sche Schloß. Hier angekommen trafen die Verfolger sofort alle Anstalten zur Verhaftung des langgesuchten Verbrechers und begaben sich in das Innere des Schlosses, um ihn dort aufzusuchen. Wer aber malt das Erstaunen, als der vermeinte „Uhlich“ sich als ein ca. 40jähriger gemüthlicher Wiener entpuppte, welcher seinem hungrigen Magen in der herrschaftlichen Küche alle Ehre anthat, dabei aber keinen Zug eines Verbrechers hatte. Seine Legitimationspapiere bestätigten die Angaben über seine Person. Auf die Frage, warum er sich denn von Brenitz so eilig entfernt habe, antwortete er ganz richtig, die Bauern hätten ihn für Uhlich gehalten und wären in ihrem Eifer sicher über ihn hergefallen. Wer weiß, ob er mit dem Leben davongekommen wäre.

Friedland N.-L., 13. October. (O. Z.) Infolge der vielen Just- und Uhlich-Sagen sind auch in hiesiger Gegend die Gemüther etwas erregt worden, namentlich in Niewisch. Treffen da in Niewisch unerwartet zwei fremde Bursche ein, die sich sogar unterstehen, bei einem Bauer, dem zur Kartoffelernte Leute fehlten, sogleich in Arbeit zu treten. Den Einwohnern wird ganz unheimlich zu Muthe, – Warum weiß eigentlich Keiner, und man wittert Just und Uhlich. Flugs Anzeige bei der Polizei und Eintreffen eines Gendarmen, welcher denn auch zur Beruhigung Aller feststellt, daß zwei ehrsame Handwerksburschen, die auf Wanderschaft befindlich, mangels anderweiter Beschäftigung und um nicht betteln zu gehen, es vorgezogen hatten, sich auf redliche Weise durch Feldarbeiten zu ernähren. Zu ehrlicher Arbeit werden die Verbrecher Just und Uhlich schwerlich Neigung haben.

Gollmitz, Kreis Luckau, 14. Oct. (O. Z.) Von dem vergeblichen Versuche hiesiger Einwohner, Just und Uhlich gelegentlich ihres letzten Besuches dingfest zu machen, ist schon berichtet worden. Auf dem dicht mit Kiefern bewachsenen „Brautberge,“ wo die beiden gesehen worden, machten verschiedene handfeste Leute mit Gewehren und Knüppeln am Freitag Abend Jagd auf sie, sahen sich auch plötzlich den beiden gegenüber, konnten sie indessen leider nicht stellen, weil die Verfolgten schleunigst Reißaus nahmen und die nachgesandten Schüsse in der Dunkelheit ihr Ziel verfehlten. Augenscheinlich haben die Unholde auf dem „Brautberge“ längere Zeit gehaust, denn man fand auf ihrem Lagerplatze noch Ueberreste der beim Rittergutsbesitzer Blüthgen in Craupe gestohlenen Hammel. – Unter dem Verdacht, Just und Uhlich begünstigt und ihnen Zuflucht gewährt zu haben, ist am Sonnabend ein Zimmerpolier in Gollmitz verhaftet und in das Gerichtsgefängniß in Finsterwalde eingeliefert worden.


27.10.1883

Drehna, 23. October. (O. Z.) Die Zahl der Einbrüche, die auf das Konto Just´s und Uhlich´s gesetzt werden, ist Legion, und leider ist heute über einen unzweifelhaft von den beiden Strolchen verübten Einbruch zu berichten, durch den ihnen die fernere Ausübung ihres gemeingefährlichen Handwerks sehr erleichtert werden dürfte, falls ihre Ergreifung nicht bald gelingt. In der Nacht zu heute sind sie in der Werkstatt des Schlossermeisters Walter in Stiebsdorf eingebrochen und haben sich sämmtliche Dietriche, eine große Anzahl Schlüssel, mehrere Feilen, Hammer, Zange, Stichsäge u.s.w. angeeignet. Natürlich erregt dieser Einbruch allgemeine Bestürzung in der Umgegend, da nun Niemand mehr sein Eigenthum für sicher hält.


08.11.1883

Sonnewalde, 5. November. Am Sonntag ist das lang ersehnte Kommando Lübbener Jäger, welches die Sicherheitsbeamten in der Verfolgung Just´s und Uhlich´s unterstützen soll, in einer Stärke von zwölf Mann in seine Quartiere eingerückt, und zwar sind diese zwölf Mann auf die verschiedenen Dörfer der „unsicheren“ Gegend derart vertheilt, daß je ein Dorf einen Jäger beherbergt. Um Aufsehen zu vermeiden, tragen die Jäger Försterkleidung. Ob den wenigen Jägern gelingt, was die zahlreichen Gensdarmen bisher vergeblich versucht, wird einigermaßen bezweifelt, was bei der durch die lange Unsicherheit erzeugten pessimistischen Stimmung der Landbewohner nicht Wunder nehmen darf.


13.11.1883

Bekanntmachung.

Höheren Orts ist die für die Ergreifung der flüchtigen beiden Verbrecher Just und Uhlich ausgesetzte Prämie von 300 Mark auf

600 Mark

erhöht worden, was hierdurch zur allgemeinen Kenntniß gebracht wird.
Finsterwalde, den 6. November 1883.
Polizei-Verwaltung.


15.11.1883

Finsterwalde, 11. November. Die Verbrecher Just und Uhlich setzen ihre Raubzüge munter fort; ihr ohnehin schon bedeutendes Belastungsmaterial wird durch neue Frevelthaten täglich vermehrt. So plünderten dieselben abermals zwei Bahnwärterbuden, unweit der „Grube Emilie“ bei Hennersdorf, in einer von ihnen schon früher häufig besuchten Gegend. Von den vorgefundenen Sachen stahlen sie einen Handkorb, einen Dienstmantel, eine Laterne und eine Patronentasche. In der Nähe des Bahnkörpers im Walde haben die Strolche sodann ihr Nachtlager aufgeschlagen und in einer halben Bierflasche, wie die entdeckten Spuren nachweisen, Hirse, Pilze und Speck gekocht. Ferner fand man am verlassenen Kochherde Rosinen, Zucker-Ueberreste und ein Zehnpfennigstück, welche Gegenstände höchstwahrscheinlich von einem vorher verübten Einbruch in Lugau herrühren. Sodann statteten die Räuber der Richter´schen Schankwirthschaft zu Frankena einen nächtlichen Besuch ab und nahmen von dort die vorgefundene Ladenkasse mit 20 Mk. und einen Kasten mit klaren Zucker mit. Zur Ergreifung der Strolche sind nicht 12, sondern nur fünf Jäger und 1 Oberjäger in unsere mit Polizei sehr schwach versehene Gegend vertheilt.


17.11.1883

Sonnewalde. Daß die Strolche Just und Uhlich trotz aller Wachsamkeit der Sicherheitsorgane immer frecher werden und sogar ihr Banditenleben poetisch verherrlichen, beweist nachstehende wahre Thatsache: Am 10. d. Mts. Morgens kam die Frau des Ziegeleibesitzers Merker zu Möllendorf auf ihren Heuboden um Futter fürs Vieh zu holen. Bei dieser Gelegenheit gewahrte sie zwei Lagerstätten in dem Heu, welche in der Nacht zwei ungeladenen Gästen zur Ruhestätte gedient hatten. Als sich die Frau noch über diesen unliebsamen Besuch wunderte, bemerkte sie am Boden ein zusammengefaltetes Zeitungspapier. Sie hob dasselbe auf, öffnete es und fand darin einen kleinen mit Bleistift beschriebenen Zettel, der auf der einen Seite folgenden Vers hatte:
Wenn wir nächstens wiederkommen,
Wird auch etwas mitgenommen;
Wir stehlen euch bei Schlaf und Ruh´
Vom Leibe gar die Strümpf´ und Schuh.
Drum waren wir auch guter Ding´,
Wie´s Fräulein morgens melken ging;
Denn als sie trat zur Thür hinaus,
Schauten wir zur Heuluke hinaus.
während auf der Rückseite die Worte standen:
„Hier an dieser Stelle haben
Just und Uhlich übernachtet.“
Dieser Zettel wird vom Amtsvorsteher zu Sonnewalde aufbewahrt und soll unserer Vernehmen nach zu den Untersuchungsakten wider Just und Uhlich genommen werden.


22.11.1883

Just und Uhlich. Endlich ist es gelungen die beiden Verbrecher Just und Uhlich festzunehmen. Der Förster Röseler zu Weissagk, welcher das seltene Wild schon seit einiger Zeit in seinem Revier spürte, fand dasselbe am Dienstag Morgen in einer fast undurchdringlichen Schonung. Er holte seine Forstarbeiter zu Hülfe und beschlich die Strolche mit solcher Vorsicht, daß die beiden, trotzdem der eine mit dem Ausbessern seiner Kleidung beschäftigt, also wach war, keine Ahnung von der Gefahr hatten, und von ihren Waffen (2 Doppelgewehren und 3 Revolvern) glücklicherweise keinen Gebrauch machen konnten. Sie wurden festgenommen, gebunden und mittelst eines Leiterwagens nach Finsterwalde transportiert und an das Amtsgericht abgeliefert. Von Finsterwalde aus wurde das saubere Paar nach Cottbus weiter befördert.


27.11.1883

Wie Just und Uhlich festgenommen worden, ist zwar schon ziemlich ausführlich erzählt worden; bei dem ungewöhnlichen Interesse jedoch, das sich namentlich in den bedrohten Gegenden nothgedrungen den beiden Strolchen zuwendete, sei noch einiges von dem mitgetheilt, was Förster Rößler aus Weissagk der „Niederl. Ztg.“ über den glücklichen Fang berichtet. Die Kalkgruben zwischen Weissagk und Gr.-Bahren, in denen die Verbrecher vermuthet wurden, sind stuben-, oft haustief. Als der Förster in voriger Woche vorsichtig eine der Gruben betrat, fand er eine Lagerstätte, die unzweifelhaft von Just und Uhlich benutzt war. Sah es doch aus, als habe hier eine ganze Kompagnie Infanterie bivouakirt. Branntweinfäßchen, blechernes Kochgeschirr, Papier von Heringen und Käse etc. und verschiedene andere Gegenstände lagen hier umher. Montag früh, ließ er seinen Waldwärter rufen und sagte zu ihm: „Höre, hast Du Lust, eine Jagd auf Leben und Tod mitzumachen? Just und Uhlich sind hier, und ich weiß ihr Versteck,“ und unverweilt antwortete der wackere Waldwärter, daß er bereit sei. Nun machten sie sich, mit ihren Gewehren, Hirschfängern, Revolvern und Nickfängern bewaffnet, auf, um festzustellen, ob die Vögel noch im Nest seien. Sich an die Gruben heranpürschend, schauten sie nach in die Luft emporsteigendem Rauch aus, sahen jedoch nichts. Näher gekommen, hörten sie plötzlich das Geräusch des trockenen Reisig-Brechens. Sofort wußte man, sie sind hier. Sie zogen sich wieder etwas zurück, der Förster, die Gegend im Auge behaltend, sandte seinen Waldwärter nach dem sogenannten Grabich, wo er Holzschläger beschäftigt hatte. Hiervon holte er 8 Stück, von denen der Förster 2 auf die eine 2 auf die andere Seite postirte, damit sie im Fall eines Entweichens einspringen konnten, während die übrigen vier hinter sich und den Waldwärter als Reserve stellte. Die Leute bewaffneten sie nun, indem sie ihre Hirschfänger, Revolver und Jagdmesser vertheilten, Nachdem dies geschehen war, rückte er mit seinem Waldwärter wieder vorsichtig vor. Zur Vorsorge hatte er noch den Jagdhund des Herrn Lieutenants Gilka, ein sehr kluges, und sehr scharfes Thier, mitgenommen. So zwischen 8 und 9 Uhr näherten sie sich dem Rande der Grube und sahen in derselben Just, schlafend, und Uhlich, Kleider flickend, in beider Nähe ihre Gewehre. In diesem Moment entsteht durch den Hund ein Geräusch, und Uhlich, aufblickend, gewahrt sie und greift nach seinem Gewehr; in demselben Augenblick stürzten sie sich von oben auf die beiden und drückten zunächst den Uhlich, der über seine Flickarbeit stolperte und fast zu gleicher Zeit auch den munter gewordenen, nach seinem Gewehr springenden Just zu Boden und setzten sich nun auf ihnen fest, bis in Kürze ihre Holzschläger, die, trotzdem sie Ordre hatten, stehen zu bleiben, doch nachgerückt waren, und als sie die beiden verschwinden sahen, schnellsten Laufes herbeigeeilt kamen. Diese hielten nun die beiden Kerle fest am Boden, während der Förster und der Waldwärter den Verbrechern langsam eine Hand nach der anderen unter dem Leibe vorzogen und nachsahen, ob sie vielleicht Revolver in denselben hielten. Dies war indes nicht der Fall, da sie so glücklich gefallen waren, daß sie die Hände unter sich zu liegen hatten und so aus ihrer Brusttasche die Revolver nicht ziehen konnten. Nun wurden die Verbrecher, an Händen und Füßen gefesselt, aus der Grube geschafft, durchsucht, und ihnen die Waffen und das Geld abgenommen.“ - Gleich nach geschehener Bewältigung hatte der Förster Rößler einen Boten zu seiner Frau und nach dem Gute Weissagk mit der Nachricht des glücklichen Ausgangs und mit dem Ersuchen um ein Fuhrwerk gesandt. Als dasselbe angekommen, wurden die Subjekte aufgeladen, und vorwärts ging die Fahrt dem Finsterwalder Amtsgericht zu. In Sonnewalde angekommen, restaurirten sich der Förster und Waldwärter bei Herrn Gastwirth Lucke etwas, und der humane Förster ließ auch den Verbrechern Speise und Trank verabreichen. Kurze Zeit nur währte die Rast, und doch hatte sich auch in Sonnewalde bereits Nachricht vom Fange verbreitet; scharenweise strömten die Bewohner des Ortes dem sich im schnellen Trabe fortbewegenden Wagen nach. Aus der Unterredung des Försters Rößler mit Just und Uhlich theilen wir mit, daß Just sich äußerte; Wir haben doch zu viel Pech; morgen wollten wir gerade aus hiesiger Gegend fort nach Torgau, um dort auf Elbkähnen Dienste zu nehmen und vielleicht nach Hamburg zu gelangen. Diese Nacht erst sind wir wieder, nachdem wir einige Stunden in einem Streuhaufen bei der Gahroer Pechhütte kampirt hatten, in diese Lagerstätte zurückgekehrt. Einem der Lübbener Jäger, welche hier in Civil sich aufhalten, und der Just fragte, warum er bei der Gefangennehmung nicht geschossen hätte, erwiderte dieser, es wäre nur zu schnell gegangen, sonst hätten sie es schon gethan, und auf das Vorhalten, daß sie sich doch recht unglücklich gemacht hätten und nun auf lange Zeit eingesperrt würden, äußerte Uhlich frech: „Na, so 15 Jahre.“ Bei der Abfahrt der Verbrecher brach die versammelte Menge in wüthendes Geschrei aus.

Cottbus, 24. November. Der Tischlergeselle Wilhelm Just aus Finsterwalde seit kurzem bekanntlich im hiesigen Central-Gefängniß, ist von der hiesigen Strafkammer wegen eines im April d. J. in Gr.-Bahren verübten Einbruchsdiebstahls zu 2 Jahren Zuchthaus und den Nebenstrafen verurtheilt worden. Selbstverständlich ist dies nur eine kleine „Abschlagzahlung“ auf die Reihe von Strafthaten, die Freund Just ebenso wie seinem Spießgesellen Uhlich auf´s Kerbholz geschrieben werden.


13.12.1883

Cottbus, 10. December. Just und Uhlich wurden heute Morgen 9 Uhr mittelst Droschke der Strafkammer des hiesigen Königlichen Landgerichts zugeführt. Der C. A. berichtet darüber: Beide waren mit starken neuen Ketten gefesselt und von zwei Aufsehern bewacht. Bei der Eingangspforte des Gerichts angelangt, wurden sie bis zum Landgerichtsgebäude etwa 60 Schritt von 6 Gensdarmen und vier Soldaten, letztere mit aufgepflanztem Seitengewehr, begleitet. Der Transport mittelst Droschke geschah, weil sich die Burschen weigerten, zu Fuße zu gehen. Auf dem Rückwege bequemte sich Uhlich zu dem Letzteren, wogegen Just bei seiner Weigerung beharrte, weshalb wieder eine Droschke requirirt werden mußte, was lange Zeit erforderte, so daß sich inzwischen eine große Menschenmenge am Landgerichtsplatze ansammelte.


15.12.1883

Cottbus, 12. December. Just´s Strafkonto mehrt sich. Am Montag verurtheilte die Strafkammer des Landgerichts den gemeingefährlichen Menschen abermals wegen eines Einbruchs, der diesmal – in der Nacht zum 11. April d. J. - dem Amtsgericht in Finsterwalde gegolten hatte, aber allerdings erfolglos geblieben war. Das Erkenntniß lautete auf eine Zuchthausstrafe von 1 Jahr 8 Monaten nebst den Ehrenstrafen.


18.12.1883

Finsterwalde; 13. December. (O. Z.)
Daß Just´s und Uhlich´s Streiche für die zahlreiche Anhängerschaft dieser Strolche noch mansches bittere Nachspiel haben würden, darauf haben wir schon früher einmal hingewiesen. Daß aber so mancher bisher Unbescholtene durch einen gerade nicht gut angebrachten Scherz, wobei er sich den ihm auf den Landstraßen Begegnenden als Just oder Uhlich vorstellte, vor das Forum des Schöffengerichts würde geladen werden, haben am allerwenigsten jene Drei erwartet, welche sich heut wegen des bezeichneten Vergehens vor dem Gericht zu verantworten hatten. Einer von ihnen wurde freigesprochen, während die beiden Andern, darunter auch ein sehr angesehener Bürger, mit 30 und 5 Mark bestraft wurden. Für den höchstbestraften hatte der Amtsanwalt sogar 100 Mark Geldbuße beantragt. Für die betroffenen eine recht nette Erinnerung an Just und Uhlich.


01.01.1884

Cottbus, 28. December. Heute stand der berüchtigte Einbrecher Just und ein Komplice desselben, ein gewisser Maurer Mayer, vor den Schranken der Strafkammer des Landgerichts. Beide wurden wegen wiederholten Diebstahls zu je zwei Jahren Zuchthaus und drei Jahren Ehrenverlust verurtheilt.


17.01.1884

Finsterwalde, 10. Januar. Vorgestern wurden die berüchtigten Strolche Just und Uhlich von dem Landgericht zu Cottbus abermals zu je 2 Jahren Zuchthaus und 3 Jahren Ehrenverlust verurtheilt und zwar wegen Einbruches seiner Zeit im Dorfe Zürchel, wobei ihnen nur 5 Mk. und 2 Taschenuhren in die Hände fielen. Aller Voraussicht nach wird das Strafmaß dieser Verbrecher ein ziemlich hohes werden und Just´s Worte: „Na man so 15 Jahre,“ welche er zu einem Lübbener Jäger bei seiner Abfahrt von hier nach Cottbus äußerte, werden hoffendlich nicht in Erfüllung gehen. Noch in diesem Monat erscheinen die Strolche vor den Schranken des Schwurgerichts, um sich wegen ihres Mordversuches an dem Gendarm Tschentschner zu Dobrilugk zu verantworten.

Cottbus, 13. Januar. (O. Z.) Just und Uhlich standen am Freitag wiederum und jedenfalls zum vorletzten Male vor den Schranken der Strafkammer des hiesigen Landgerichts. Dieselben waren angeklagt, 1) am 2. März v. Js. dem Mühlenbesitzer B. aus Naundorf aus dessen verschlossener Mühle 2 Gewehre, 2) am 7. Juni desselben Jahres dem Bauer K. zu Lichterfeld 4 Sparkassenbücher 3) an demselben Tage der verehelichten Th. zu Lichterfeld 42 Mark Geld und eine Speckseite, 4) dem Arbeiter M. daselbst ein Rasirmesser und eine Uhrkette gestohlen zu haben. Just wurde zu 5 Jahren 10 Monaten Zuchthaus, Uhlich zu 7 Jahren Zuchthaus verurtheilt und gegen Beide auf Ehrverlust und Zulässigkeit von Polizei-Aufsicht erkannt. Der bei dem Diebstahl zu 1) betheiligte Arbeiter Moritz M. aus Gohra wurde zu 8 Monaten Gefängniß, Ehrverlust und Polizei-Aufsicht und die der Hehlerei beschuldigte unverehelichte Emma B. aus Finsterwalde zu 6 Monat Gefängniß verurtheilt. Bei der jedesmaligen Vorführung der beiden Verbrecher, welche stets in einer Droschke vom hiesigen Centralgefängniß aus erfolgt, ist das Landgerichts-Gebäude von Neugierigen förmlich belagert.


19.01.1884

Sonnewalde, 15. Januar. Wegen der Preis-Vertheilung der für die Ergreifung von Just und Uhlich ausgesetzten Belohnun ist jetzt unter den bei der Ergreifung Betheiligten arger Zwiespalt ausgebrochen. Bekanntlich betrug doch die ausgesetzte Belohnung 600 Mark. Herr Förster Rößler, der die ganze Festnahme geleitet hat, beansprucht für sich 400 Mark, 100 Mk. sollen seinem Hilfsförster ausgezahlt werden, und die übrigen 3 Mann sollen sich in die übrigen 100 Mark theilen. Damit sind jedoch die Letzteren nicht einverstanden und haben dagegen Wiederspruch erhoben. Selbst dem zuständigen Amtsvorsteher ist es nicht gelungen, die Streitenden zu einer Einigung zu bewegen. Das bereits von der Königlichen Staatsanwaltschaft zur Vertheilung übersandte Geld ist daher wieder an dieselbe zurückgesandt worden, und so wird sich jedenfalls über die Art der Vertheilung ein interessanter Prozeß entspinnen. Wenn dem Herrn Förster Rösler auch der Löwenantheil wohl zustehen mag, so wäre es doch wohl großmüthiger von demselben gewesen, wenn er jedem seiner Helfer, welche sämmtlich arme Leute sind, 100 Mk. bewilligt hätte, es wäre damit gewiß jeder der Betheiligten zufrieden gewesen.


31.01.1884

Cottbus, 27. Januar. Just und Uhlich standen gestern vor dem hiesigen Schwurgericht. Am 10. Juli 1883 Nachmittags war der Gendarm Tschenscher aus Dobrilugk im Br.´schen Gasthofe zu Buckowien, als zwei Personen, anscheinend Handwerksburschen, eben dort eintraten und Platz nahmen. Aus dem auf dem Tische liegenden „Luckauer Kreisblatt“ prüfte der Gendarm den gegen die Verbrecher Just und Uhlich, welche damals die Gegend um Finsterwalde unsicher machten, erlassenen Steckbrief und fand, daß das Signalement auf beide Ankömmlinge genau paßte. Er trat deshalb auf Beide zu und erklärte ihnen, sie seine Just und Uhlich. Als er sich umwandte, um der in der Küche thätigen Schwiegermutter des Gastwirths zuzurufen, daß sie ihren Schwiegersohn rufen solle, erhielt er von Uhlich einen Revolverschuß in den Rücken. Tsch., sich umwendend, sah, daß beide ihm geladene Revolver entgegenhielten. Trotzdem sprang er auf sie zu, packt mit jeder Hand einen derselben, wurde aber von Beiden fortwährend mit Revolverschüssen traktirt. Da er sie dennoch nicht losließ, wurde er von ihnen bis auf den Hausflur gezerrt. Hier gelang es Just, sich dem Gendarm zu entreißen und hinter den einen Flügel der Hausthür zu springen. Uhlich, vom Gendarm immer noch festgehalten, rief dem Just zu: „Schieß ihn doch todt, sonst läßt er uns doch nicht los“ und Just feuerte abermals einen Revolverschuß auf den Kopf des Gendarmen aus unmittelbarer Nähe ab. Auch diese Verwundung hielt den Gendarm nicht ab, den Uhlich festzuhalten; doch stolperte er über seinen Säbel und fiel mit Uhlich die Treppe hinunter auf die Straße. Da kam endlich der Halbhüfner K. entriß Uhlich den Revolver und schlug ihn damit nieder, so daß er gefesselt werden konnte. Just aber sucht indessen das Weite und hielt seine Verfolger durch immerwährendes Entgegenhalten seiner Schußwaffe von sich ab, so daß er entkam. Erst jetzt betrachtete der Gendarm, den die Erregung bis dahin aufrecht erhielt, seine Wunden. Sein Zustand war ein derartiger, daß er sofort nach Dobrilugk gefahren werden mußte. Hier stellte der Arzt fest, daß der Gendarm 7 Schußwunden erhalten hatte. Es befanden sich eine im Rücken unterhalb des Schulterblatts, drei in der Brust, eine an der linken Schläfe und zwei in der linken Weiche. Drei Kugeln waren in den Körper eingedrungen und konnten erst durch Operation entfernt werden. War auch keine der Wunden absolut tödtlich, so schwebte doch der Getroffene etwa 8 Tage in Lebensgefahr. Sein Krankenlager währte viele Monate. Beide Verbrecher sind angeklagt, dem Gendarm Tsch. in der rechtmäßigen Ausübung seines Dienstes durch Gewalt Widerstand geleistet zu haben, und denselben vorsätzlich zu tödten versucht zu haben. Der Spruch der Geschworenen lautet auf schuldig des versuchten Todtschlags und des Widerstandes gegen die Staatsgewalt; das Urtheil des Gerichtshofes aber auf 6 Jahre Zuchthaus für jeden Verbrecher, welche indessen bezüglich des Just außer Vollstreckung zu lassen, weil derselbe bereits zu dem höchsten Strafmaß von 15 Jahren Zuchthaus rechtskräftig verurtheilt ist und von dem betreffs des Uhlich nur 2 Jahr 9 Monate seiner bisherigen Bestrafung von 12 Jahren 3 Monaten Zuchthaus hinzuzurechnen sind, um dadurch seine Bestrafung mit dem zulässigen Maximum von 15 Jahren herbeizuführen. Die Sitzung währte von früh 9 Uhr bis Mittags 1 Uhr. Beide Verbrecher waren, wie bei jeder Verhandlung, höchst frech. Da Beide der Sicherheit wegen im Central-Gefängniß internirt sind, so erfolgte ihre Abführung wie bisher, per Droschke unter militärischer Bedeckung. O. Z.


19.02.1884

Cottbus, 14. Februar. Just und Uhlich werden morgen durch zwei Transporteure nach Görlitz abgeführt werden, um im dortigen Zuchthause die ihnen zuerkannte 15 jährige Strafe zu verbüßen.


21.02.1884

Cottbus, 18. Februar. Just und Uhlich wurden am Freitag aus dem Centralgefängniß zur Verbüßung ihrer Strafe nach Görlitz gebracht. Vier Begleiter fuhren mit und auf dem Bahnhofe in Cottbus waren noch mehrere Sicherheitsorgane anwesend. Viele Neugierige hatten sich eingefunden. Das Benehmen der beiden Burschen war ziemlich frech, sie schienen lustig und guter Dinge. Uhlich ließ sich sein Frühstück gut schmecken und winkte bei Abfahrt des Zuges noch eínen Abschiedsgruß dem vor dem Wagen versammelten Publikum zu. Vor fünfzehn Jahren hofft man diese Burschen, die es verstanden, sich einen so gefürchteten Namen zu machen, nicht wiederzusehen.


06.03.1884

3) Die unverehel. Bertha Derasch aus Kirchhain war angeklagt, die Tochter der Handelsfrau B. hierselbst wiederholt beleidigt zu haben. Am Sonntag, den 18. November v. J. als die B. kaum den Kühne´schen Saal betreten und auf einer Bank Platz genommen hatte, kam die Angeklagte von der andern Seite des Saales und rief der nebensitzenden Auguste L. zu: „Jetzt kommt Just und Uhlich sein Zoddel!“ Auf die Frage wo? antwortete sie: „Na neben Dir sitzt sie ja!“ und dann noch als die B. an ihr vorbei ging: „Wenn meine Mutter so mit Just und Uhlich verkehren würde, könnte ich auch solche schwarze Ketten tragen.“ Während der Verhandlung fiel die Angeklagte in Ohnmacht und mußte aus den Saal getragen werden. Der Gerichtshof erkannte die D. in 2 Fällen der Beleidigung für schuldig und verurtheilte dieselbe zu je 1 Mark oder je 1 Tag Haft; außerdem wurde auf Publikation durch das hiesige Lokal-Blatt erkannt.


15.03.1884

Das Landgericht zu Cottbus hat den Zimmermann K. aus Gollmitz, der im vorigen Herbst den in seiner Schonung verborgenen Verbrechern Just und Uhlich Lebensmittel u.s.w. zutrug, zu drei Monaten Gefängniß verurtheilt.


01.04.1884

Finsterwalde. Ein junger Mann, namens Just, Bruder des in Haft befindlichen Wilhelm Just, hatte seit dem Geburtstage Sr. Maj. des Kaisers einen Schuß in seinem Gewehr, den er trotz mehrfacher Versuche, nicht abzufeuern vermochte; er begab sich deshalb nach Presehna, um von dem dortigen Schmied die Ladung entfernen zu lassen. Letzterer hatte nun das Gewehr in den Schraubstock gespannt und einen brennenden Feuerschwamm daran angebracht. Plötzlich ging der Schuß los und traf den in demselben Augenblick zur Thüre eintretenden Just in die Brust, in Folge dessen derselbe am Freitag verstarb.


05.06.1884

Der brave Förster Rößler auf Forsthaus Gahro steht gewiß wegen der von ihm ausgeführten Ergreifung der gefürchteten Räuber Just und Uhlich noch in Aller Gedächtniß. In Anerkennung dieser energischen und muthigen That ist ihm das Allgemeine Ehrenzeichen verliehen worden. O. Z.