140. Königsberg: Die Scharfrichterei, Bülowstraße 32. Haustür und
Austrittsgeländer. (Aufnahme der Meßbildanstalt)


Frontispiz inmitten der Längsfront. Es ist dieselbe Form, in der König Friedrich II. in Tapiau eine kleine reizvolle Ansiedelung für Kriegsinvaliden errichten ließ, die trotz mancher wenig erwünschter Umbauten heute noch gut erkennbar ist.
    Die Franzosenzeit kam und der Sturm der Freiheitskriege brauste über das Land, wieder vieles, sehr vieles zerschlagend; tatsächlich und in übertragenem Sinne, um auf den Trümmern neue Werte entstehen zu lassen. Und die ostpreußische Stadt wechselte wieder ihr Gepräge, ja man kann sagen, daß das der kleinen Landstadt, wie sie heute ist, in den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts geradezu erst entstand. Und auch dieses neue Gepräge wurde kein allgemeines, es wurde wieder ein ostpreußisches, ein dem Lande eigentümliches ebenso, wie das in allen voraufgegangenen Zeiten auch der Fall gewesen war. Einfachheit und Strenge, diese beiden Kennzeichen des Biedermeier, kamen in diesem Lande, das so besonders gelitten hatte, erst recht zur Geltung; aber die einfachen Handwerksmeister, die damals am

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141. Königsberg: Geschmiedete Grufttür
an der Altroßgärter Kirche, 1784. (Aufnahme der Meßbildanstalt)

Werke waren, hatten den Vorteil, daß sie nur einen Formenkreis kannten, und daß sie den genügend beherrschten, um in ihm Befriedigendes leisten zu können. Die Erfahrungen von Geschlechtern hatten im Technischen ihren gefestigten Niederschlag gefunden, der noch von keiner neuzeitlichen Gewaltsamkeit erschüttert worden war, und die Gleichmäßigkeit der äußeren Gestaltung schuf ganz von selbst eine Ruhe und eine Einheitlichkeit, die trotz aller gebotenen und erstrebten Einfachheit doch auch ein anspruchsvolles Auge durchaus befriedigen kann. Die hochgegiebelten Backsteinfronten der

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Ostpreußische Fundgrube